Rund 10.000 Fans versammelten sich am Donnerstagabend in der Wiener Stadthalle, um Hitparadenstürmer Josh. das größte Konzert seines Lebens zu bescheren. Der schöpfte knapp zwei Stunden aus dem Vollen und variierte mutig und gekonnt – das verzeiht auch leichte Schwächen im Gesamtkorsett.
Das nächste Kapitel eines erfolgreichen österreichischen Künstlers wird in einer von Erfolgsgeschichten ohnehin schon stattlichen Liste am Donnerstagabend in der Wiener Stadthalle geschrieben. Nachdem sich in den letzten zehn Jahren Durchstarter wie Wanda, Bilderbuch, Edmund und Seiler und Speer in die größte Arena des Landes vorgewagt haben, ist dieses Mal Josh. dran. Anfängliche Befürchtungen, der Spagat könnte gar etwas sehr gewagt ein, lösten sich schnell in Luft auf. Am Ende finden sich mehr als 10.000 Menschen ein, um ihren Helden beim bislang größten Auftritt in seiner Karriere zu feiern. Eine Feier, für die sich Johannes Sumpich, so der bürgerliche Name des Hit-Künstlers, einiges vorgenommen hat.
Puppenspiele
Mit der Vorband Betty Blue Jazz, die sich auf einer kleinen Bühne inmitten des Saals zufriedengeben muss, wird der Abend stil- und schwungvoll eingeheizt. Eine Reminiszenz an Joshs. eigene musikalische Vergangenheit vor dem großen Ruhm. Dass er eigentlich aus der Klassik kommt und viele Jahre lang in Bars und kleinen Cafés spielte, wissen nur noch eine Handvoll auserlesene Insider. Während auf den Act des Abends gewartet wird, gibt es noch zahlreiche Möglichkeiten, das sauer Ersparte umzusetzen. Zum Beispiel für ein Selfie mit der originalen Cordula-Grün-Puppe um fünf Euro. Wer mutig ist, kann sich am „Glückspackerl“ um 20 Euro versuchen – inklusive T-Shirt und anderer Beifügungen – man weiß halt nur nicht, ob dann auch die Größe passt.
Frisch gerüstet geht die Show dann pünktlich zum Hauptabendprogrammtermin los. Der Terminus „Show“ ist hier mehr als nur eine grobe Rahmenerklärung. Mit einer pompösen Showtreppe, auf der sich drei seiner fünf Bandmusiker befinden, einer gewaltigen Lichtanlage, zwei die Bühne flankierenden Videowalls und dem Schriftzug „Josh.“ als Hängeelement im oberen Bereich erinnert das Setting mehr an eine opulente Late-Night-Show als an ein handelsübliches Großkonzert. Auch im weiteren Verlauf wird nicht auf humorig-stimmige Gimmicks verzichtet – Seifenblasen begleiten den Opener „Tanzen bei der Arbeit“, während bei der Hit-Single „Expresso & Tschianti“ und „Bleib mit mir über“ die Konfettikanonen scharfgestellt werden.
Mit beiden Beinen fest im Abend
Neben einer gut eingespielten Band begeistert Josh. das Publikum früh mit seiner musikalischen Vielseitigkeit. Funk-Gitarren bei „Dann denk ich an dich“, der markante Reggae-Rhythmus, der den Hit „Ring an der Hand“ unverkennbar gestaltet oder auch zart eingesetzte Schlagerelemente sorgen für Eingängigkeit und einen hohen Wiedererkennungswert. Beim kompakten Live-Auftritt wird einem noch einmal bewusst, welch geschicktes Händchen Josh. für massentaugliche Songs hat. Selbst wenn er die Mandoline auspackt („Martina“) oder semi-balladesk an wichtige Zeiten abseits des Rampenlichts erinnert („Meer im Herbst“), erweisen sich seine Anhänger als textsicher. Die anfängliche Nervosität ist schnell weg, spätestens beim eindringlichen „Die Wiener Traube“ steht Josh. mit beiden Beinen fest im Abend.
Weil ein solch üppiger Auftritt nicht alltäglich ist, reizt Josh. alle Möglichkeiten aus. Nach einer Stunde Vollgas wird eine Vollbremsung in Richtung Akustikteil eingeleitet. Während das Piano und ein weibliches Streicherquartett auf die Bühne gezerrt werden, erzählt er von seinem Leben samt Höhepunkten und Rückschlägen. Ganz dem Showmaster des Abends entsprechend, erinnert er sich an sein musikalisches Aufwachsen, den temporären Verlust des korrekten musikalischen Weges und die Depressionen, die ihn nicht nur in ein Burn-Out samt Auszeit trieben, sondern auch das aktuelle und dritte Studioalbum „Reparatur“ ermöglichten, das als Erstes auf Platz eins der Charts ging. Jazz-Pianist Lukas Schretzmayer und die Streicher probieren bei „Alles klingt nach dir“ oder dem verfrühten Weihnachtssong „Kerzen, Karpfen und du“ alles, aber leider zerreißt dieser entschlackte Konzertteil kurzzeitig die brodelnde Stimmung, wirkt vom Timing her etwas deplatziert.
Zurück bleiben glückliche Gesichter
Ansonsten macht Josh. wenig anders, als er es auch im WUK oder dem Gürtellokal B72 machen würde, wo er zu Karrierebeginn einst schmale 180 Konzerttickets verkaufte. Durch die unspektakuläre und hemdsärmelige Art des Frontmanns und seiner Band wirkt der Auftritt auf einer derart großen Bühne manchmal etwas unausgegoren. Freilich ist es eine Frage des Budgets, aber ein bisschen mehr Brimborium und Firlefanz wäre für diesen einmaligen Tag in seiner Karriere möglich gewesen – zumal auch die Bewegungsfreude enden wollend ist. Was das Drumherum nicht richtet, richten aber die Songs. „Nur nicht von dir“ oder „Ich gehör repariert“ sorgen für die bedächtigeren Momente, die neue Single „Tickets für Oasis“ feiert ihre Wien-Premiere und beim Grande Finale samt dem Durchbruchs-Hit „Cordula Grün“, „Geht noch was“ und „Wenn ich heut bei dir bleib“ brechen im Saal alle Dämme. Zurück bleiben auf und vor der Bühne glückliche Gesichter – und eine Checklist, an welchen Schrauben man für die nächste Großshow noch drehen kann.
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