Nationalratspräsident Walter Rosenkranz (FPÖ) wurde am Freitag daran gehindert, anlässlich der Novemberpogrome einen Kranz beim Denkmal am Judenplatz niederzulegen. Demonstrierende hatten eine Menschenkette gebildet und riefen: „Wer Nazis ehrt, dessen Wort ist nichts wert.“
Dazu sangen sie die israelische Hymne. Rosenkranz versuchte es mit einem Gespräch, doch vergeblich. Auch die Polizei scheiterte daran, die Demonstrierenden zum Rückzug zu überreden. „Bitte respektieren Sie das Gedenken an unsere Vorfahren. Wir wollen nicht mit Ihnen gedenken, wir wollen nicht, dass Sie unseren Vorfahren ins Gesicht spucken“, sagte ein Demonstrant. „Sie beleidigen mich“, entgegnete Rosenkranz. Der Kranz sei vom Parlament und den Abgeordneten.
Nach einigen Minuten verließ der Nationalratspräsident den Judenplatz sichtlich verärgert unverrichteter Dinge. Die Protestierenden hätten ihn „mit Gewalt“ am Gedenken gehindert, sagte der Politiker, der von Parlamentsdirektor Harald Dossi begleitet worden war. Die Protestierenden der „Jüdischen Österreichischen Hochschüler:innen“ widersprachen. Vor Ort war auch Künstler Gottfried Helnwein.
Politik gedenkt der Pogromopfer
Österreichs politische Vertreterinnen und Vertreter haben am Freitag der Novemberpogrome gegen die jüdische Gemeinde vor 86 Jahren gedacht. In der Früh trafen sich mehrere Politikerinnen und Politiker wie der Zweite Nationalratspräsident Peter Haubner (ÖVP), Philip Kucher (SPÖ) und Beate Meinl-Reisinger (NEOS) sowie die Israelitische Kultusgemeinde (IKG). Rosenkranz wollte parallel beim Mahnmal für die österreichischen jüdischen Opfer der Shoah am Judenplatz einen Kranz niederlegen.
Rosenkranz nicht zu offiziellem Gedenken eingeladen
Grund ist, dass die IKG Distanz zur FPÖ und damit auch zu Rosenkranz hält. Es sei „unmöglich, mit so einer Person gemeinsam der Opfer zu gedenken“, sagte IKG-Präsident Oskar Deutsch. Der Nationalratspräsident ist Mitglied der deutschnationalen Burschenschaft Libertas. Diese schwang sich 1878 zur ersten Burschenschaft der Monarchie auf, die mit einer Art Arierparagraf Juden ausschloss.
Es ist unmöglich, mit so einer Person (Anm. Rosenkranz) gemeinsam der Opfer zu gedenken.
IKG-Präsident Oskar Deutsch
Deutsch forderte Rosenkranz auf, den Vorsitz des Nationalfonds für die Opfer des Nationalsozialismus sowie seine Rolle bei dem Friedhofsfond und dem Wiesenthal-Preis zurückzulegen. Einen Kontakt mit ihm und anderen FPÖ-Funktionärinnen und -funktionären schloss er auch für die Zukunft aus.
Was im November 1938 passierte
Die Gedenkveranstaltungen werden heuer einen Tag vor dem eigentlichen Jahrestag abgehalten, weil dieser genau auf den jüdischen Ruhetag Shabbat fällt. In der Nacht von 9. auf 10. November 1938 wurden systematisch Synagogen in Brand gesteckt, jüdische Geschäfte geplündert und Jüdinnen und Juden misshandelt. In Österreich wurden damals mindestens 30 Jüdinnen und Juden getötet, 7800 verhaftet und 4000 sofort ins Konzentrationslager Dachau deportiert.
Ausschreitungen bei israelischem Fußballclub
Überschattet wurde das internationale Gedenken von gewaltsamen Ausschreitungen am Rande eines Spiels des israelischen Fußballclubs in Amsterdam am Donnerstagabend. Deutsch verurteilte die Gewalt scharf und fragt sich laut eigener Aussage, „wo die Polizei da war.“ Zehn Menschen wurden verletzt, drei Israelis werden noch vermisst.
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