Probleme aufgezeigt

Wintersportunfälle: Diese Mängel hat Rettungskette

Tirol
09.11.2024 10:16

Wie kann die medizinische Versorgung im Wintersport optimiert werden? Darüber diskutierten Experten in Mils bei Imst in Tirol. Erschreckend ist der Mangel an Wissen für Erste-Hilfe-Maßnahmen in der Bevölkerung.

Geladen hatten Reinhard Klier, Obmann der Fachgruppe der Seilbahnen in der Wirtschaftskammer Tirol und Dr. Alois Schranz von der medalp Sportclinic. Sie stellten den Vertretern der Seilbahnwirtschaft, der Rettungs- und Blaulichtorganisationen sowie Ärzten im stationären wie niedergelassenen Bereich die Frage: „Sind wir bei der Rettungskette schon am Gipfel der Qualität?“ Die Antwort: „Nur bedingt!“

Es herrschte reger Andrang. (Bild: Roman Huber)
Es herrschte reger Andrang.

„Der Lift heißt Doppelmayr“
Bernd Noggler, Chef der Leitstelle Tirol, und Leitstellenmitarbeiter Daniel Wegscheider zeigten die Probleme auf, mit denen die Disponenten der Leitstelle bei Unfällen in Skigebieten konfrontiert sind. „Manchmal wissen die Verunglückten nicht einmal, in welchem Skigebiet sie sich gerade befinden“, schilderten Noggler und Wegscheider. Auf die Frage, wie der Lift heiße, käme oft die Antwort „Doppelmayr“ oder „Leitner“.

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Manchmal wissen die Verunglückten nicht einmal, in welchem Skigebiet sie sich gerade befinden.

Bernd Noggler, Chef der Leitstelle Tirol

Nicht ganz glücklich zeigt sich Noggler auch mit der Kommunikation mit manchen Skigebieten. Einige seien im Einsatzfall nicht über Digitalfunk, sondern nur telefonisch erreichbar. „Unsere Anrufe landen oft bei der Kasse, werden unbeantwortet etwa zur Bergstation weitergeleitet. Es dauert lange, bis jemand das Telefon abhebt“, beschreibt Noggler die Problematik. Wichtige Zeit verstreiche. „Die Skigebiete sollten hier Verbesserungen vornehmen, entsprechende Investitionen würden allen das Leben deutlich erleichtern“, fordert der Leitstellenchef.

Experten sehen bei Rettungseinsätzen noch einige Optimierungsmöglichkeiten. (Bild: ZOOM Tirol/zoom.tirol)
Experten sehen bei Rettungseinsätzen noch einige Optimierungsmöglichkeiten.

Bei Ausbildung maximal am Vorgipfel der Qualität
Markus Isser, Ausbildungsleiter Medizin der Bergrettung Tirol, sieht unser Tourismusland in Sachen Ausbildung maximal am Vorgipfel der Qualität. Ein Pistenretter in der Schweiz müsse einen 14-tägigen Kurs absolvieren. In Österreich genüge ein 16-Stunden-Erste-Hilfe-Kurs, um als Pistenretter tätig sein zu können.

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Ohne die niedergelassenen Ärzte wären die Kliniken gleich nach Saisonbeginn überlastet.

Lud zum Symposium: Alois Schranz, medalp-Gründer. (Bild: medalp)

Dr. Alois Schranz, Chef der medalp Sportclinic, Gastgeber

Massiver Nachholbedarf
Stichwort „Erste Hilfe“: Hier gebe es massiven Nachholbedarf. Vielen Tirolern würden die Kenntnisse etwa für Reanimationen fehlen. Kein Wunder: Bei den meisten liegt der letzte Erste-Hilfe-Kurs lange zurück – nicht selten viele Jahrzehnte.

Laienretter extrem wichtig
„Laienretter retten Leben“, stimmte ihm Notfallmediziner Christian Schmittinger, Medical Coordinator der Schweizerischen Rettungsflugwacht Rega im Engadin und Leutascher Bergretter, zu. Er rief dazu auf, das Netz von Ersthelfern bei medizinischen Notfällen auszubauen. Gleichzeitig sei es erforderlich, sie mit Defibrillatoren auszustatten.

Gastgeber Alois Schranz lobte die Arbeit der niedergelassenen Ärzte: „Ohne sie wären die Kliniken gleich nach Saisonbeginn überlastet.“

„Krone“-Kommentar
Die paar Euros müssen drin sein

Eines vorweg: Wir können in Tirol heilfroh über unser Rettungssystem sein – auch über jenes abseits des Siedlungsgebiets. Wer sich bei uns auf der Piste ein Bein bricht, wird topversorgt.

Die auf dem Diskussionsabend aufgezeigten Mängel werfen dennoch einige Fragen auf bzw. geben zu denken. So mutet es fast vorsintflutlich an, dass die Kommunikation der Leitstelle mit einigen Skigebieten immer noch per Telefon erfolgen muss. Die paar Euros für technische Ausrüstung sollten nicht nur drin sein, die müssen drin sein. Digitalfunk statt Festnetzanruf an der Talstation, wir leben im Jahr 2024!

Wirklich nachdenklich stimmt der dramatische Mangel an Wissen für Erste-Hilfe-Maßnahmen in der Bevölkerung. Bei einem gebrochenem „Haxn“ wirkt sich dieses Manko verhältnismäßig gering aus. Muss aber wiederbelebt werden, hat der Patient einen dramatischen Nachteil, wenn sich kein Laienretter mit Kenntnissen vor Ort befindet. Möglicherweise überlebt der Verunfallte trotzdem, bleibt jedoch ein Pflegefall. Zu viel Zeit verstreicht bis zu den Erstmaßnahmen der Profiretter.

Also: Nicht zu viel Zeit vergehen lassen, sondern sich so rasch wie möglich zum Erste-Hilfe-Kurs anmelden.

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