Zwischen der Gesundheitskasse und der Zahnärztekammer herrscht Eiszeit. Während Füllungen bis zu 150 Euro teurer werden könnten, kämpfen Assistentinnen um faire Löhne. Eine von ihnen packt jetzt über Praxis-Alltag aus.
Für die meisten Österreicher ist der Zahnarztbesuch mit dem obligatorischen Bohren ohnehin ein Graus. Durch das EU-weite Amalgamverbot mit giftigem Quecksilberanteil bei Füllungen droht jetzt ab Jänner auch noch eine Kostenlawine zu rollen. Denn die Gespräche zwischen der Österreichischen Gesundheitskasse und der Zahnärztekammer über einen Kostenersatz für neue Kassenfüllungen liegen derzeit auf Eis beziehungsweise sind abgebrochen.
Streit auf Kosten von 7,4 Millionen Krankenversicherten
Gibt es keine Einigung, dann müssen im neuen Jahr 7,4 Millionen (krankenversicherte) Österreicher den Streit ausbaden. Pro Füllung fallen dann 70 bis zu 150 Euro Mehrkosten an. Die müssten dann in der Praxis privat bezahlt und die Rechnung in der Folge bei der ÖGK eingereicht werden, um wenigstens einen Teil zurückzubekommen.
Abseits des Gerangels zwischen Medizinerkammer und ÖGK packt jetzt die 41-jährige Zahnarztassistentin Renate B. (Name von der Redaktion geändert) in der „Krone“ über den Praxis-Alltag aus. Seit 2022 unterliegen sie und ihre Kolleginnen demselben Kollektivvertrag. Trotz Teuerungen und Inflation hätten sie für den gleichen Lohn weitergearbeitet – der bei einem Einkommen von knapp 2000 Euro erst ab dem 18. Berufsjahr (siehe Ausriss unten) ein Leben nur schwer leistbar macht. „Wir warten die ganze Zeit auf eine Lohnerhöhung. Die blieb bis jetzt aus“, so Renate B.
„Wir müssen Dinge tun, die wir nicht einmal dürfen“
Es ist die Angst, in der Branche als „Verräter“ keinen Job mehr bekommen zu können, die Renate B. um Anonymität bitten lässt. Als Sprachrohr für ihre Kolleginnen aus ganz Österreich schildert sich: „Ich habe von Assistentinnen gehört, die Mundhygiene machen müssen, ohne zusätzliche Ausbildung. Da kommen Patienten und beschweren sich, dass die Behandlung schmerzt und dass man viel blutet. Da weiß man nicht, ob das jemand gemacht hat, der dafür ausgebildet ist oder ob der Zahnarzt sparen will.“
Ich weiß von genug Assistentinnen, die sich nicht einsetzen können aus Angst, keinen Job mehr in der Branche zu bekommen.
Renate B. (Name von der Redaktion geändert), Zahnarztassistentin
Bild: Privat
So hätte es sogar Fälle gegeben, in denen eine ihrer Kolleginnen Füllungen erledigen musste - ganz ohne Ausbildung. Manch andere Zahnarztassistentin müsse ihre Arbeitskleidung selbst zahlen, Tätigkeiten wie Staubsaugen oder Klo putzen gehören auch zum Alltag und das bloß, damit sich die Ordination Geld sparen dürfte. B. weiter: Ich kenne auch Praxen, bei denen täglich nur ein Mundschutz verwendet und die Anzahl der Handschuhe genau berechnet wird.“
Zahnärztekammer kontert allen Vorwürfen
Laut Kammeramtsdirektor Felix Schmidt ist auf Nachfrage aber alles in bester Ordnung: „Zahnärztliche Assistentinnen werden in den Ordinationen für jene Tätigkeiten eingesetzt, für die sie ausgebildet sind.“ Die Gewerkschaft kämpfe währenddessen weiter um die Assistentinnen: „Wir wurden seitens der Gewerkschaft informiert, dass sie das schon vereinbarte Paket nun erneut aufschnüren will. Das Paket hätte deutliche Verbesserungen für die zahnärztlichen Assistentinnen gebracht.“
Laut Renate sieht das jedoch komplizierter aus: „Die Kammer war bereit für eine Lohnerhöhung, aber in anderen Punkten hätten sie unseren Vertrag verschlechtert.“ Im Streit um faire Löhne und Kostenersatz bei Füllungen drängt die Zeit jedenfalls.
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