Trotz Spagat zwischen „Big Business“ und sozialen Härtefällen läuft aktuell das Geschäft mit heimischer Gebrauchtware auf Hochtouren. Während Caritas & Co. versuchen zu helfen, wittern andere die Chance auf Profit.
Der Umwelt zuliebe, aus Spargründen – oder weil es ganz einfach cool ist: Der Kauf von Secondhand-Ware wird immer beliebter. Mehr als zwei Milliarden Euro schwer soll der heimische Markt laut Berechnung des Handelsverbands sein. Ein Trend wird zum Mainstream: „Fast jeder zweite Bürger kauft mehrmals im Jahr Secondhand-Waren und gibt dafür im Schnitt 195 Euro jährlich aus“, fasst Geschäftsführer Rainer Will seine Analyse zusammen.
Der soziale Grundgedanke spielt bei der Caritas naturgemäß die größte Rolle. Die Carla-Geschäfte im ganzen Land sind Anlaufstelle für die Ärmsten der Armen. Spezielle Rabatt-Aktionen und ein ausgeklügeltes Gutschein-System mit der Carla-Card-Plus bieten um wenige Euro ein Einkaufserlebnis für Notleidende.
An Nachschub mangelt es kaum: „Das Geschäft läuft gut, und wir bekommen viele Spenden. Unser Credo lautet: Alles, was man seinem Nachbarn noch schenken würde, kann man auch zu uns bringen“, erklärt Petra Rabl, Leiterin eines Carla-Standortes in der Bundeshauptstadt. Insgesamt 61 Standorte gibt es derzeit, in jeder Diözese kann man so auf ganz einfachem Weg helfen. Momentan stehen Adventkalender für die Kleinsten und Kleidung sowie Schlafsäcke für die Winternothilfe ganz oben auf der Wunschliste, heißt es.
Trend zu Designermarken birgt auch teure Gefahren
Doch nicht immer ist die soziale Ader ausschlaggebend für den Weg zu Secondhand. Rund 75 Prozent der Nutzer schätzen, dass sie so bei gleichem Budget mehr Waren (siehe Grafik) einkaufen können als üblicherweise und gleichzeitig versuchen, Geld zu sparen.
Der Trend zu gebrauchten Dingen hat auch das Luxussegment erfasst. So finden sich immer mehr Geschäfte und Onlineportale, die Designermode anbieten. Dabei kann sich der Kauf einer Luxushandtasche als Investition erweisen, allerdings besteht auch die Gefahr, dass man Fake-Ware teuer ersteht.
Zweite Chance für alte Möbel
Der Andrang beim 48er-Tandler in Wien-Margareten ist bereits am Vormittag groß. Hier werden jene Sachen angeboten, die vor dem Müll der Donaumetropole bewahrt wurden. Das Angebot reicht von Büchern über Kleidung bis zu Möbeln. Die Ware wird verkaufsfördernd präsentiert. Erst auf dem 2. Blick merkt man, dass es sich um Secondhand handelt. Noemi (45) sieht sich gerade mit ihrer Tochter bei den Haushaltswaren um. Die Ungarin hat heute ihren freien Tag genützt, um in Wien zu shoppen.
Dabei steht der 48er-Tandler auf dem Programm. „Ich war schon öfters hier“, sagt sie, während sie sich bei den Haushaltswaren umsieht. Dieses Mal kauft sie etwas Porzellan. Kleinmöbel wie Stühle und einen Servierwagen hat die 45-Jährige erstanden, bei früheren Besuchen erstanden und in ihr Zuhause nach Ungarn gebracht.
Auch Magdalena und Vanessa stöbern gerne bei den Altwaren. Magdalena gesteht, dass ihre halbe Wohnung aus gebrauchten Möbeln besteht. Heute entscheidet sie sich für Bücher.
Die Hälfte meiner Einrichtung ist Secondhand. Dabei hat man noch die Möglichkeit, günstig Vollholzmöbel zu erstehen. Ich brauche kein billiges Spanholz in meiner Wohnung.
Vanessa (22), Lehrerin und Vintage-Fan
Im Secondhand-Markt gibt es aber nicht nur gebrauchte Gegenstände, auch Recycling-Betriebe nützen, die Gelegenheit, um ihre Kreationen auszustellen. Der Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt. Da finden sich Sitzmöbel aus Badewannen oder aus Einkaufswagerln.
Der Erlös der vor dem Mist geretteten Ware kommt karitativen Zwecken zugute, wie etwa dem Oberquartier Wien oder dem Therapieverein e-motion.
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