„Krone“-Kommentar

Feindbild Burschenschafter

Kolumnen
12.11.2024 06:00

Schon traurig, dass es 86 Jahre nach der sogenannten Reichspogromnacht nicht möglich ist, dass der demokratisch gewählte Präsident der österreichischen Volksvertretung gemeinsam mit der jüdischen Gemeinde der Opfer des Naziterrors gedenken kann. Warum? Weil er ein „deutschnationaler Burschenschafter“ sei, so der Präsident der Israelischen Kultusgemeinde.

EINERSEITS stimmt es, dass Walter Rosenkranz, so wie andere freiheitliche Politiker, Burschenschafter ist.

ANDERERSEITS sollte man bedenken, dass „deutschnational“ heute nur das Bekenntnis zur deutschen Kultur- und Sprachnation bedeutet und kein Gegensatz zum österreichischen Patriotismus ist. Und dass die Burschenschaften in ihrer Geschichte als akademischer Teil des nationalliberalen Lagers einen großen Beitrag zur Entwicklung des Parlamentarismus und des freiheitlichen Rechtsstaats geleistet haben.

Zwar waren viele Burschenschafter in einer Zeit, in der die Christlichsozialen den austrofaschistischen Ständestaat errichteten und die Sozialdemokratie auf die „Diktatur des Proletariats“ setzte, Teil des Nazi-Wahnsinns.

Andererseits war aber der wichtigste österreichische Teilnehmer am Stauffenberg-Putsch gegen Hitler der Burschenschafter Robert Bernardis. Und schließlich waren der Begründer der Sozialdemokratie, Victor Adler, und jener des Zionismus, Theodor Herzl, auch kurz Burschenschafter. Und mit Franz Dinghofer war ein Burschenschafter Gründervater der Ersten Republik.

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