Mädchen zückte Messer

Betreuerin in WG attackiert: Teilbedingte Haft

Gericht
12.11.2024 13:13

Zwei vorbestrafte Jugendliche, 14 und 16 Jahre alt, saßen am Dienstag im Großen Schwurgerichtssaal im Wiener Landesgericht auf der Anklagebank. Dem Bursch und dem Mädchen wird versuchte absichtlich schwere Körperverletzung an WG-Betreuerinnen vorgeworfen. Unter anderem besprühte der 14-Jährige die Frauen mit einem Feuerlöscher. Jenes Mädchen, das zuvor mit einem Messer auf eine der Sozialarbeiterinnen zulief, ist nicht angeklagt. Sie ist 13 und unmündig.

Unfassbare Ereignisse in einer Wohngemeinschaft für durch die MA 11 betreute Jugendliche in Wien-Favoriten: Dort eskalierte am 19. Juni eine routinemäßige Kontrolle der Wohneinheiten durch die Betreuer derart, dass ein Mädchen die Sozialarbeiterin mit einem Messer mit dem Tod bedrohte. Mit dem geöffneten Taschenmesser lief sie auf die WG-Bedienstete zu und rief dabei: „Ich stech dich ab!“ – zuvor hatte sie Gegenstände auf die Sozialarbeiterin geworfen. Besonders erschütternd: Die mutmaßliche Täterin ist gerade einmal 13 Jahre alt und somit unmündig!

Bursch versteckte sich im Kasten
Am Dienstag muss sie sich deshalb nicht vor der Richterin verantworten. Angeklagt sind „nur“ jene zwei Jugendliche, die das Mädchen an jenem Tag besucht hatten: ein vorbestrafter 14-Jähriger und eine 16-Jährige. Der Bursche hatte sich bei der Zimmerkontrolle im Kasten versteckt. „Die Sozialarbeiterin konnte das Mädchen, als es mit dem Messer auf sie zulief, in letzter Sekunde stoppen und festhalten.“ Eine Kollegin half ihr dabei.

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Bring sie um! Bring sie um!

Die 13-Jährige streckte dem 14-Jährigen das Messer entgegen. 

Die 13-Jährige rief ihren Freund aus dem Kasten und streckte ihm, als sie von den Betreuerinnen festgehalten wurde, das Messer entgegen. Sie rief dem 14-Jährigen zu: „Bring sie um! Bring sie um!“ Auch die zweite Jugendliche soll mitgeholfen haben – dem Staatsanwalt zufolge schlugen sie der Betreuerin mit Schuh und Selfie-Stick auf den Kopf. Sie bekennt sich „nicht schuldig“ und gibt an, zuvor von der Unmündigen angerufen worden zu sein: „Sie sagte zu mir: ,Ich bring die Betreuerin jetzt um.‘“ Die Angeklagte habe ihr daraufhin gesagt, dass das Messer am Fensterbrett liege.

„Wollte den Betreuerinnen helfen“
„Ich habe ihr das Messer abgenommen, damit sie der Betreuerin nichts antun kann“, beteuert der noch sehr kindlich wirkende 14-Jährige im Prozess, dass er nur helfen wollte. „Sie ist doch sogar noch jünger als ich.“

Schließlich verließen die Angeklagten die Wohneinheit, während zwei Sozialarbeiterinnen das Mädchen fixierten – um kurz darauf, mit einem Feuerlöscher zurückzukehren. Mit diesem attackierten und besprühten sie die bereits am Boden liegenden Opfer. „Ich wollte meine Freundin besprühen, damit sie aufhört auf die Betreuerinnen einzuschlagen“, gibt er an. In der schockierenden Verhandlung kann er sich das grinsen mehrfach nicht verkneifen, muss von der Richterin ermahnt werden. 

Die Sozialarbeiterin als Zeugin: 

„Unsere Klientin hat mal wieder unerlaubten Besuch gehabt.“

„Sie hat mit Waffen gedroht. Dann ist die Situation eskaliert.“

„Unsere Klientin hat sich von der Angeklagten instruieren lassen, wo das Messer versteckt ist.“

„Sie hatte die Intention, mich mit dem Messer umzubringen.“

„Der Angeklagte ist aus dem Kasten gesprungen und ist auf mich losgegangen. Die Angeklagte hatte sich im Gang versteckt und kam dann auch dazu.“

„Die drei haben mich attackiert. Sie sind ein eingespieltes Aggressionsteam.“

„Das meiste ging auf meinen Kopf: Mit Fäusten, Tritten, einer Metallstange und dem Absatz von Plateauschuhen.“

„Es war echt ein Überlebenskampf.“

„Erfahrung beim kollektiven Zuschlagen“
Die Sozialarbeiterin schildert als Zeugin die dramatische Situation, als die drei Jugendlichen auf sie losgingen: „Die drei sind ein eingespieltes Aggressionsteam. Die haben Erfahrung beim kollektiven Zuschlagen.“ – wegen ihrer Gefährlichkeit hätten die beiden Besucher Hausverbot in der WG gehabt. Die Situation mit dem Feuerlöscher dürfte besonders gefährlich gewesen sein: „Er hat versucht, meiner Kollegin damit auf den Kopf zu schlagen. Zum Glück erwischte er nur die Schulter.“

Mädchen wollte nicht auf Befragung warten
Die 13-Jährige erschien vorerst als Zeugin im Gericht, hatte dann aber „keinen Bock mehr zu warten“. Sie nützte eine Rauchpause, um abzuhauen. Die Sozialarbeiter versuchten, sie zu erreichen. Die Richterin verkündet: „Die Zeugin hat bekanntgegeben, dass sie auf die Verhandlung sch....“ – auf ihre Einvernahme wird verzichtet. 

Urteile: Teilbedingte Haft
Um 13 Uhr fällt das Urteil des Schöffensenats. Der 14-Jährige fasst bei einem Strafrahmen bis zu fünf Jahren 18 Monate teilbedingte Haft, davon vier Monate unbedingt, aus. Seit 21. August sitzt der Jugendliche in U-Haft, demnach wird er in wenigen Wochen enthaftet. Der Bub freut sich, jubelt. Das Mädchen bekommt 16 Monate, davon 4 unbedingt. Sollte sie aber eine Ausbildung beginnen, hat diese aufschiebende Wirkung. Zudem muss sie einen therapeutischen Boxkurs besuchen. Nicht rechtskräftig.

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