Missbrauchsskandal
Britischer Erzbischof von Canterbury tritt zurück
Paukenschlag in Großbritannien! Der Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, geistliches Oberhaupt der weltweiten anglikanischen Kirchengemeinschaft, tritt zurück. Er soll versucht haben, die Veröffentlichung eines Missbrauchsskandals mit über 100 Opfern zu verhindern.
Er habe sich zum Rücktritt entschlossen, nachdem er zuvor die „gnädige Erlaubnis“ von König Charles III. eingeholt habe, teilte der Erzbischof von Canterbury am Dienstag mit.
„Übernehme persönliche Verantwortung“
Das Oberhaupt der drittgrößten christlichen Glaubensgemeinschaft der Welt räumte Fehleinschätzungen ein. „Es ist völlig klar, dass ich die persönliche und institutionelle Verantwortung für die lange und erneut traumatisierende Zeit zwischen 2013 und 2024 übernehmen muss“, hieß es in Welbys Mitteilung.
„Ich hoffe, diese Entscheidung macht deutlich, wie ernst die Church of England die Notwendigkeit einer Veränderung und unser tiefes Engagement für eine sicherere Kirche nimmt“, sagte Welby. „Ich trete von meinem Amt zurück, in tiefer Trauer mit allen Opfern und Überlebenden von Missbrauch.“
Der Erzbischof von Canterbury hat eine besondere Rolle: Als geistliches Oberhaupt der anglikanischen Kirche steht es ihm unter anderem zu, den britischen Monarchen zu krönen. Außerdem hält er einen Sitz in der zweiten Parlamentskammer, dem House of Lords.
Missbrauchsskandal vertuscht?
Ein vor wenigen Tagen veröffentlichter unabhängiger Untersuchungsbericht kam zu dem Schluss, dass Welby den Missbrauchsfall hätte melden können und müssen, als er 2013 kurz nach seiner Amtsübernahme die Details erfuhr. Stattdessen soll Welby versucht haben, den jahrzehntelangen mutmaßlichen Missbrauch von mehr als 100 Buben und jungen Männern durch einen Anwalt der Kirche sogar zu vertuschen.
Der mutmaßliche Täter starb 2018 und stand nie vor Gericht. Nach Bekanntwerden räumte Welby ein, er hätte den Fall gründlicher verfolgen sollen.
Ranghohe Kirchenmitglieder forderten Rücktritt
Die Bischöfin von Newcastle, Helen-Ann Hartley, hatte zuvor der BBC gesagt, die Kirche riskiere ihre Glaubwürdigkeit, wenn sie nach dem „entsetzlichen, grauenhaften und schockierenden“ Bericht keine Maßnahmen ergreife. Die Menschen würden sich fragen, ob sie der Kirche vertrauen könnten, für ihren Schutz zu sorgen. „Und ich denke, die Antwort lautet momentan ,Nein‘“, sagte Hartley. Drei Mitglieder der Generalsynode – des Kirchenparlaments – hatten infolge der Vorwürfe eine Petition ins Leben, die Welby zum Rücktritt auffordert.
Kirchenanwalt soll Buben ausgepeitscht haben
Dem Untersuchungsbericht zufolge soll der Kirchenanwalt Buben, die er in christlichen Sommerlagern kennengelernt hatte, in sein Haus eingeladen und ausgepeitscht und mit Stöcken malträtiert haben. Allein acht Buben sollen insgesamt 14.000 Stockhiebe erhalten haben. Es gab demnach Dutzende weitere Opfer.
Die Vorwürfe wurden erst 2013 der Polizei gemeldet, der Fall 2017 durch eine TV-Dokumentation bekannt. Dem Mann wurde dem Untersuchungsbericht zufolge nahegelegt, das Land zu verlassen, und er zog ins südafrikanische Simbabwe, ohne dass dies der Polizei mitgeteilt wurde.
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