Ohne Beweise
Russische Kinderärztin muss 5,5 Jahre in Haft
Eine russische Kinderärztin ist wegen nicht nachweisbarer Anschuldigungen der Mutter ihres siebenjährigen Patienten zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Die Frau warf der Medizinerin haltlos vor, während eines Gesprächs eine russlandkritische Einstellung offenbart zu haben.
Denunziantentum steht in Russland auf der Tagesordnung – so geriet auch die 68-jährige Nadeschda Bujanowa ins Visier der Behörden. Dies, indem die Witwe eines in der Ukraine getöteten Soldaten die Ärztin beschuldigt hatte, Russland während eines privaten Gesprächs als „Aggressoren“ und ihren Mann als ein „legitimes Ziel“ bezeichnet zu haben.
Am Dienstag sprach ein Gericht in Moskau Bujanowa schuldig, wie eine Journalistin der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Bujanowa beteuerte ihre Unschuld und kritisierte den Prozess als „absurd“. Ihr Anwalt nannte es eine „harte und illegale“ Strafe. Es seien nämlich keine Beweise gegen seine Mandantin präsentiert worden. Unterstützer der Kinderärztin protestierten während der Urteilsverkündung gegen den Schuldspruch.
Rache für Behandlungsniveau?
Die Kinderärztin bezeichnete die 34-Jährige hingegen als „instabil“ und erklärte, diese sei unzufrieden über die ärztliche Behandlung ihres Sohnes gewesen. Der Siebenjährige sagte später gegen die Kinderärztin aus. Belege für die Unterhaltung lagen aber nicht vor.
„Unser Beruf wurde immer sehr respektiert. Aber in letzter Zeit verschwindet der Respekt. Auch die Einstellung begann sich zu ändern“, schilderte die 68-Jährige in ihrem Schlussplädoyer. Früher habe es einen Arzt und einen Patienten gegeben – heute belaufe sich das Niveau eher auf die „Bedienung“ und den „Kunden“. „Wir können uns nicht wehren, Erklärungen werden von Vorgesetzten nicht gehört und Konflikte nicht gelöst“, so Bujanowa verzweifelt. Die Kindesmutter habe sie als Menschen ohne Prinzipien und Moral erlebt, der nur Bosheit fühlt.
Hohe Haftstrafen drohen
Seit Beginn der Ukraine-Offensive im Februar 2022 nehmen die russischen Behörden vermehrt Menschen wegen „Spionage“, „Verrats“, „Sabotage“, „Extremismus“ oder einfacher Kritik an der Armee fest. Oftmals werden sehr hohe Haftstrafen verhängt.
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