Mit einem neuen Hochleistungsrechner will die Geosphere Austria (vormals ZAMG) ihre (Extrem-)Wettervorhersagen, Klimamodelle oder Hitzeentwicklungsanalysen in Städten verbessern. Im Vergleich zu seinem Vorgänger aus dem Jahr 2017 schafft der neue Großcomputer mit seinen 19.200 Rechenkernen die 1,7-fache Rechenleistung – also knapp 870 Milliarden Operationen pro Sekunde. Das erlaube detailliertere und schnellere Wetter-, Klima- oder Strahlungsausbreitungs-Prognosen.
Der neue „High Performance Computer“ (HPC) – auch „Krisenrechner“ genannt – auf der Hohen Warte in Wien-Döbling kostete 2,5 Millionen Euro und steht der Geosphere Austria exklusiv zur Verfügung, hieß es seitens der Nachfolgeorganisation der einstigen Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) vor Journalisten. Das Geld kommt aus dem Bildungsministerium. Diese Investition war notwendig, da die Geosphere wichtige Aufgaben im Rahmen der Krisenvorsorge übernimmt, wie etwa Modellrechnungen zur möglichen Ausbreitung von Schadstoffen oder radioaktiver Materialien in der Luft nach (Atom-)Unfällen oder Prognosen über die Entstehung und den Verlauf von Wetterkapriolen, wie dem verheerenden Hochwasser vor wenigen Wochen im Osten des Landes.
Österreich „geografisch komplex“
Gerade bei solchen Ereignissen zeige sich „der Wert von Vorhersagen“ im „geografisch komplexen“ Land Österreich, betonte Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP). Geosphere Austria leiste wichtige Unterstützung für Einsatzkräfte in Katastrophenfällen und ist in den Krisenstäben des Landes vertreten. Damit zählt auch der neue HPC zur kritischen Infrastruktur, deren Betrieb rund um die Uhr gesichert sein muss, wie IT-Leiter Ernst Mosor und sein Kollege Matthias Langer erklärten.
Gerade bei Katastrophen zeige sich, dass die Zusammenarbeit u.a. mit den Behörden der Bundesländer in Österreich „sehr gut eingespielt ist“, so Geosphere-Generaldirektor Andreas Schaffhauser. Auch beim Blick auf die aktuellen Verheerungen im Raum Valencia und der Kritik am spanischen Krisenmanagement zeige sich, dass man im Fall der Fälle alle wichtigen Beteiligten gut kennen und die wissenschaftlichen Erkenntnisse und Ergebnisse „zum Nutzer bringen muss“. Die Arbeit teile sich daher oftmals in „80 Prozent Kommunikation und 20 Prozent Meteorologie“ auf, wie es Schaffhauser ausdrückte.
Über den neuen Hochleistungscomputer laufen nun seit August u.a. die aktuellen Modellrechnungen zu den Wettervorhersagen und -warnungen. Mit der Neuanschaffung könne man jedenfalls Klima- und Wetterprognosen nicht nur genauer, sondern auch um rund 20 bis 40 Prozent schneller erstellen. Zum Vergleich: Der „alte“ HPC schaffte knapp mehr als 500 Milliarden Rechenoperationen (Gigaflops) pro Sekunde.
Genauerer Blick in einzelne Alpentäler
Die neuen Möglichkeiten ließen methodisch auch noch genauer abschätzen, wie sich etwa Extremwetterlagen in einzelnen Alpentälern auswirken könnten. Beim Blick auf die durch den Klimawandel wahrscheinlicher werdenden Starkregenereignisse gelte aber bei allem Fortschritt weiter: Man habe es „immer auch mit einem chaotischen System zu tun“, sagte der Geosphere-Chef.
Momentan werden unter dem Akronym „AROME“ alle drei Stunden die Vorhersagen für den meteorologisch-geografisch herausfordernden Alpenraum und seine Umgebung für die kommenden jeweils 60 Stunden berechnet. Unter dem Titel „AROME-RUC“ – letzteres steht für „Rapid Update Cycle“ - laufen stündliche Prognosen zur Entwicklung in den kommenden zwölf Stunden. Im Fall von Ausfällen dieses Systems kann im Rahmen einer internationalen Kooperation auch innerhalb weniger Minuten das Europäische Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage (ECMWF) in Reading (Großbritannien) die aufwendigen Simulationen übernehmen. Zudem wolle man nun auch vermehrt einzelne Forschungsprojekte über die Infrastruktur abwickeln.
Neue Analysen zu Hitze möglich
Überdies rechnen Experten am neuen Rechner Analysen zur Verteilung von Hitze in Ballungsräumen. Seit den 1990er Jahren „schießen die Temperaturen nach oben“, so Schaffhauser. Der beispiellose Anstieg führe zu einer Vervielfachung der Hitzetage in den Ballungsräumen, den man mittlerweile „sehr fein“ auf einzelne Stadtteile und -viertel herunterbrechen und in Richtung der nächsten 20 bis 30 Jahre prognostizieren könne.
Damit man selbst nicht dazu beiträgt, auf der Hohen Warte eine städtische Hitzeinsel zu etablieren, habe man sich für ein modernes Kühlkonzept für den Großrechner entschieden. Energieeffizienz und „Green-IT“ seien heutzutage ein großes Thema, so Mosor und Langer. Kostete der Betrieb des Vorgängers noch rund 150.000 Euro pro Jahr, soll das neue System um rund 50.000 Euro günstiger betrieben werden können.
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