(Bild: KMM)

Wollte nicht regieren

Wie man eine Tochter zur perfekten Königin erzieht

König George VI. wollte weder britischer König werden noch Kaiser von Indien. Sein größtes Vermächtnis war seine Tochter, der er alles mitgab, was es brauchte, um eine belastbare und ausdauernde Königin zu sein: die legendäre Elisabeth II. 

Dass er König wurde, war der Schock seines Lebens. Als König Edward VIII. am 11. Dezember 1936 abdankte, weil ihm Regierung und anglikanische Kirche die Zustimmung zu einer Eheschließung mit der zweifach geschiedenen Amerikanerin Wallis Simpson verwehrten, musste sein jüngerer Bruder Albert die Krone übernehmen. Der neue König George VI. – britische Könige nahmen mit ihrer Thronbesteigung oft einen neuen Vornamen aus Respekt vor einem berühmten Vorgänger an – grollte seinem abgedankten Bruder aus mehreren Gründen.

Erstens hatte er das Empire durch seine Abdankung in eine Verfassungskrise gestürzt. Zweitens war der Zeitpunkt für Turbulenzen auf dem Thron denkbar ungünstig, denn in Europa braute sich einiges zusammen, seitdem ein gewisser Adolf Hitler wenige Jahre zuvor an die Macht gekommen war.

Dazu kamen persönliche Bedenken: König George hatte eine traumatische Kindheit hinter sich. Er und sein älterer Bruder waren einem sadistischen Kindermädchen ausgeliefert gewesen, und wie immer bei Hof trauten sich die Höflinge nicht, die königlichen Eltern über die katastrophalen Zustände in der royalen Kinderstube aufzuklären. Ergebnis der traurigen Kindheit war ein Mann, der stotterte, unsicher war und der sich trotz seiner guten Anlagen wenig zutraute. Dass er britischer König und Kaiser von Indien (bis 1947) wurde, betrachtete George als schwere Prüfung.

Der König bei einer Ansprache mit seiner Frau (dritte von links) und seiner Tochter Elisabeth (zweite von links). Rechts die Mutter des Königs.  (Bild: picturedesk.com/Austrian Archives (S) / brandstaetter images / picturedesk.com)
Der König bei einer Ansprache mit seiner Frau (dritte von links) und seiner Tochter Elisabeth (zweite von links). Rechts die Mutter des Königs. 

Der König schätzte sein großes Familienglück

Georges größtes Glück war seine Familie. Mit der schottischen Aristokratin Elizabeth Bowes-Lyon  – die spätere „Queen Mum“ – hatte er eine starke Gefährtin an seiner Seite, die ihm Rückhalt gab. Sein größter Stolz waren die beiden Töchter Elisabeth und Margaret, denen er alles bot, was er in seiner Kindheit nicht bekommen hatte: Zuneigung, Zeit, Aufmerksamkeit, Respekt. Die Queen genoss – außergewöhnlich für ihren Stand und die Zeit – eine glückliche Kindheit mit Eltern, die sie behutsam an ihre Pflichten heranführten und die sie stärkten.

Dass die Ältere durch die Abdankung seines Bruders einmal Königin werden würde, war König George immer bewusst, und er versuchte seine Pflichten als König so zu erfüllen, dass seine Tochter bei ihrem Thronantritt keine Altlasten abarbeiten musste. König George VI. starb am 6. Februar 1952. An diesem Tag wurde seine Tochter Elisabeth Königin. Der Vater hatte ihr ein emotionales Rüstzeug mitgegeben, das sie durch alle Krisen ihrer 70-jährigen Regierungszeit trug.

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