Eine 19 Jahre alte Bluttat wurde am Freitag vor einem Grazer Geschworenengericht verhandelt. Ein 54-Jähriger soll 2005, nach einem Streit um Geld, einen Mann mit einem Messerstich ins Herz getötet haben. Die Versionen der Zeugen waren unterschiedlich. Am späten Abend wurde der Mann freigesprochen.
„Wir befinden uns in einem Prozess, in dem nichts klar ist“, begann die Verteidigerin ihre Ausführungen. Zuvor hatte die Staatsanwältin den Sachverhalt aus ihrer Sicht geschildert. Sie beschrieb, wie der Georgier von einem Landsmann beschuldigt wurde, ihm in einem Wettcafé Geld gestohlen zu haben. Daraufhin zitierte er den nun 54-Jährigen in eine Wohnung, wo er mit zwei anderen Männern auf „Dito“, so sein Spitzname, wartete.
„Dito hat mich gestochen“
Es kam zu einem Streit zwischen den drei Männern, das spätere Opfer versetzte dem Beschuldigten mit einem Messer zwei Schnitte. Nach Meinung der Anklägerin verließ der Verdächtige die Wohnung. Im Hof trafen die beiden Männer wieder aufeinander, und da soll der Angeklagte seinem Kontrahenten „einen wuchtigen Stich ins Herz“ versetzt haben. Der Schwerstverletzte soll – so ein Zeuge – noch gesagt haben „Dito hat mich gestochen“, dann starb er.
Warum sollte er auf der Straße einen Tötungsversuch unternehmen, wenn er das Messer schon in der Wohnung gehabt hätte?
Die Verteidigerin vor Gericht
„Die Anklage steht auf wackeligen Füßen“, war die Verteidigerin überzeugt. Ihr Mandant sei in der Wohnung von zwei Männern bedroht worden und versuchte zu fliehen. „Warum sollte er auf der Straße einen Tötungsversuch unternehmen, wenn er das Messer schon in der Wohnung gehabt hätte?“
Tatsache ist, dass kurze Zeit später ein Toter auf der Straße lag und ein blutiges Messer, das laut Gutachter zur Wunde gepasst hätte, in der Wohnung gefunden wurde. Der 54-Jährige sei aber nicht mehr in die Wohnung zurückgegangen, argumentierte die Anwältin.
Angeklagter plädiert auf nicht schuldig
Der Angeklagte fühlte sich nicht schuldig und gab an, das Opfer sei betrunken gewesen und habe geraucht, als er den Tatort verlassen hatte. Zuvor sei er von ihm mit einem Messer verletzt worden. „Woher hatte er das Messer?“, fragte Richterin Angelika Hacker. „Woher soll ich das wissen?“, entgegnete der Angeklagte. „Weil Sie in der Wohnung waren“, antwortete die Vorsitzende. Der Beschuldigte machte dazu aber keine Angaben. „Ich habe nie ein Messer in der Hand gehabt“, betonte er.
Widersprüchliche Zeugenaussagen
Von den beiden angeblichen Tatzeugen erzählte der erste verschiedene Versionen des Tathergangs. 2005 hatte er angegeben, er habe gesehen, wie das Opfer am Boden gekniet sei und sich die Wunde zugehalten hätte. Später beschrieb er, dass er den mutmaßlichen Täter in der Nähe stehen gesehen hätte.
Ich hatte Angst vor ihm.
Der Zeuge hat seine Aussage wieder geändert.
Und diesmal lautete seine Aussage: „Er hat ihn vor meinen Augen erstochen“. „Sie haben noch im Vorjahr nicht ausgesagt, dass er zugestochen hätte“, hielt ihm die Richterin vor. „Warum haben Sie nicht von Anfang an die richtige Geschichte erzählt?“, interessierte auch die Verteidigerin. „Ich hatte Angst vor ihm“, meinte der Zeuge in Bezug auf den Angeklagten. Außerdem betonte der Befragte mehrmals, er leide seit damals an einer „posttraumatischen Belastungsstörung“, das würde auch seine Erinnerung beeinträchtigen.
Die Geschworenen befanden den Angeklagten für nicht schuldig. Der Freispruch ist nicht rechtskräftig.
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