Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hat am Freitag nach Informationen von Reuters aus Regierungskreisen in Berlin mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin telefoniert. Das Gespräch sei der erste Kontakt seit Dezember 2022 gewesen, hieß es.
„Der Bundeskanzler drängte auf eine Bereitschaft Russlands zu Verhandlungen mit der Ukraine mit dem Ziel eines gerechten und dauerhaften Friedens“, teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit nach dem etwa einstündigen Gespräch mit.
Ukraine weiter den Rücken gestärkt
Scholz habe auch die unverbrüchliche Entschlossenheit Deutschlands bekräftigt, die Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen die russische Aggression so lange wie nötig zu unterstützen. Scholz hatte am Mittwoch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj telefoniert. Laut Hebestreit will Scholz ihn nun auch im Nachgang erneut anrufen. Mit Putin hatte er zuletzt am 2. Dezember 2022 telefoniert.
Zum letzten Mal hatte Scholz Putin gut eine Woche vor dem russischen Angriff auf die Ukraine bei seinem Antrittsbesuch in Moskau persönlich getroffen. Wegen Corona saßen beide im Kreml an einem riesigen ovalen Tisch meterweit voneinander entfernt. Nach der Invasion gab es noch einzelne Telefonate, die dann aber abbrachen. Das hatte vor allem mit der russischen Kriegführung in der Ukraine und fehlender Aussicht auf konkrete Ergebnisse zu tun.
Gespräch zu kritischem Zeitpunkt
Der Zeitpunkt des Gesprächs dürfte mit dem bevorstehenden G20-Gipfel im brasilianischen Rio de Janeiro zusammenhängen, zu dem Scholz am Sonntag aufbricht. Dort wird auch der russischen Außenminister Sergej Lawrow erwartet.
Putin selbst hatte am 18. Oktober seine Teilnahme am Gipfel abgesagt, um nicht „die normale Arbeit des Forums zu stören“, das andere Themen habe. Gegen Putin liegt ein internationaler Haftbefehl des Weltstrafgerichts in Den Haag vor wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen in der Ukraine. Er würde in Brasilien eine Festnahme riskieren.
Das Gespräch fand zu einem kritischen Zeitpunkt für die Ukraine statt. Das Land bereitet sich auf den dritten Kriegswinter seit Beginn der russischen Invasion vor. Wie in den vergangenen Wintern dürfte Russland besonders die ohnehin schon stark beschädigte Energieinfrastruktur ins Visier nehmen.
Scholz möchte Eskalation verhindern
Angesichts des Bruchs der Ampelkoalition in Deutschland hatte zuletzt Außenministerin Annalena Baerbock weitere deutsche Waffenpakete für die Ukraine gefordert. Deutschland ist nach den USA der größte Unterstützer der Regierung in Kiew. Allerdings betont der Kanzler regelmäßig, eine weitere Eskalation und eine direkte Beteiligung des Westens an dem Krieg müsse verhindert werden.
Deshalb verweigert Scholz der Ukraine mit wenigen Ausnahmen, mit von Deutschland gelieferten Waffen Ziele auf russischem Staatsgebiet anzugreifen. Auch den Marschflugkörper Taurus mit einer Reichweite von 500 Kilometern will der Kanzler trotz wiederholter Forderungen der Ukraine nicht liefern.
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