Ein Leben ohne Männer
Die Rache der Frauen auf Donald Trumps Wahlsieg
Ein Leben ohne Männer? Viele Frauen in Südkorea können sich das gut vorstellen. Sie sind müde von der Ungleichheit in ihrem Land und ziehen es vor, auf Sex, Ehe und Kinder zu verzichten. Nach dem Wahlsieg Trumps hat sich in den USA ein ähnlicher Trend entwickelt, der als 4B-Bewegung bekannt ist.
Rund 1,8 Millionen Likes bekam das Tiktok-Video einer Userin, in dem sie nach Trumps Wahlsieg erzählt, dass sie ihre Beziehung beendet hat und sich nun der 4B-Bewegung anschließt. „Ich habe meinen Teil als amerikanische Frau erfüllt, indem ich mit meinem republikanischen Freund Schluss gemacht habe und nun offiziell der 4B-Bewegung angehöre“, erklärt die junge Frau.
4B-Bewegung als Reaktion auf Trumps Wahlsieg
Die 4B-Bewegung, die in den späten 2010er-Jahren in Südkorea entstand, gewinnt zunehmend an Aufmerksamkeit in den sozialen Medien – zuletzt in den USA durch Donald Trumps Wahlsieg. Was zunächst radikal erscheint, ist eine Reaktion auf tief verwurzelte gesellschaftliche Probleme, die viele Frauen ermutigt, für ihre Selbstbestimmung einzustehen.
Die Bewegung beruht auf vier Prinzipien, die im Koreanischen alle mit „bi“ (Nein) beginnen: Nein zu heterosexuellen Männern, Nein zu Hetero-Ehen, Nein zur Geburt und Nein zu Dating. Sie entstand in feministischen Online-Kreisen als Antwort auf einen Femizid, bei dem ein Mann eine Frau erstach, weil er „sich von Frauen ignoriert fühlte“.
Politische Polarisierung in Südkorea
In Südkorea ist die Geburtenrate eine der niedrigsten weltweit, was für die Regierung ein zentrales Problem darstellt. 2016 veröffentlichte sie sogar eine Karte mit der Anzahl der Frauen im gebärfähigen Alter pro Bezirk. Dennoch möchten viele südkoreanische Frauen – auch außerhalb der 4B-Bewegung – keine Kinder bekommen.
Südkoreanische Frauen stehen unter immensem gesellschaftlichem Druck. Laut einer Umfrage aus dem Jahr 2015 erlebten 80 Prozent der Befragten – überwiegend Frauen – sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. Zudem ist der Gender-Pay-Gap mit 31,2 Prozent in keinem anderen OECD-Land so hoch wie in Südkorea. Im „Global Gender Gap Index“ des World Economic Forum belegt Südkorea den 94. Platz von 146 Ländern; nirgendwo sonst werden so viele Frauen ermordet wie dort.
Der südkoreanische Präsident Yoon Suk-yeol positioniert sich offen für eine frauenfeindliche Politik und macht feministische Bewegungen für die wirtschaftlichen Probleme des Landes verantwortlich. Er plant die Abschaffung des Ministeriums für Geschlechtergleichheit mit der Begründung, es behandle Männer wie „potenzielle Sexualstraftäter“. Mit dieser kontroversen Rhetorik konnte er insbesondere bei jungen Männern punkten und die Wahl gewinnen. Diese gesellschaftliche Polarisierung hat zur Entstehung der 4B-Bewegung maßgeblich beigetragen.
Radikaler Widerstand der Frauen
Die Bewegung geht jedoch über die bloße Ablehnung von Männern hinaus. Sie zielt darauf ab, Frauen zu ermutigen, eigene Räume zu schaffen und sich gegenseitig zu solidarisieren, um ein Gegengewicht zu den bestehenden gesellschaftlichen Strukturen zu bilden.
Durch das Internet fanden die Ideen der Bewegung nach Trumps Wahlsieg auch in den USA Anklang. Die Google-Suchanfragen nach „4B“ stiegen am Tag nach der Wahl um 450 Prozent. Viele Anhängerinnen sehen dies als idealen Zeitpunkt, um Widerstand gegen Trumps frauenfeindliche Politik zu leisten.
Einige verschärfen die ursprünglichen Ideen der Bewegung: Angesichts unsicherer Abtreibungsrechte raten manche dazu, sich kollektiv einer Hysterektomie zu unterziehen – also durch die Entfernung der Gebärmutter sterilisieren zu lassen.
Boom bei Verhütungsmitteln in den USA
Seit Trumps Wahlsieg verzeichnen Online-Anbieter auch einen starken Anstieg bei Bestellungen der „Pille danach“. Berichten zufolge stiegen die Bestellungen des Notfallverhütungsmittels „Restart“ innerhalb von 60 Stunden nach dem Wahlsieg um 966 Prozent im Vergleich zur Vorwoche – der Großteil der Bestellungen seien Sammelpackungen, wie amerikanische Medien berichteten.
Auch andere Verhütungsmittel boomen: So seien die Terminanfragen für das Einsetzen einer Spirale um 760 Prozent gestiegen. Auch Anfragen für Vasektomien verzeichnen eine 1200-prozentige Steigerung.
Vor knapp zwei Jahren hat das Oberste Gericht der USA das fast 50 Jahre lang geltende Recht auf Abtreibung aufgehoben, was als politisches Erdbeben wahrgenommen wurde. Durch mehrere Neubesetzungen während seiner ersten Amtszeit verschob Donald Trump die Mehrheit des Gerichts deutlich nach rechts und ermöglichte damit diese Entscheidung.
Nun liegt es an den Bundesstaaten, über das Abtreibungsrecht zu entscheiden, und in vielen von ihnen sind Abtreibungen mittlerweile weitgehend verboten. Abtreibungsbefürworter befürchten eine weitere Verschärfung der Gesetze durch den anstehenden Einzug Trumps ins Weiße Haus.
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