Nach der Aufhebung der Beschränkungen für das US-Raketensystem ATACMS, ist in Deutschland die Debatte über eine Lieferung von Marschflugkörpern des Typs Taurus an die Ukraine erneut aufgeflammt. Sowohl CDU/CSU, als auch FDP und Grüne befürworten die Ausweitung der Militärhilfe auch auf dieses Waffensystem. Doch Kanzler Olaf Scholz (SPD) hält unmissverständlich an seiner Position fest: keine Taurus an Kiew unter seiner Kanzlerschaft.
Die Haltung des Bundeskanzlers bleibe „unverändert“. Diese werde sich auch „nicht mehr ändern“, hielt Regierungssprecher Wolfgang Büchner am Montag fest. Sein Noch-Regierungspartner und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) hatte am Vortag im Interview mit dem ARD-Hauptstadtstudio erklärt, er würde als Regierungschef der Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern zustimmen.
FDP bringt neue Abstimmung im Bundestag ins Spiel
Auch FDP-Chef und Ex-Finanzminister Christian Lindner und CDU-Vorsitzender Friedrich Merz befürworten die Unterstützung der Ukraine mit weiter reichenden Waffen. Lindner brachte zuletzt sogar eine erneute Abstimmung darüber im Bundestag ins Spiel – in der Hoffnung, dass die drei Parteien eine Mehrheit gegen das Kanzler-Veto zustande bringen könnten. Allerdings entscheidet bei Waffenexporten grundsätzlich nicht der Bundestag, sonder der Bundessicherheitsrat. Dort hat der Kanzler das letzte Wort.
Vor dem EU-Außenministerrat am Montag in Brüssel befürworteten neben dem EU-Außenbeauftragten Josep Borrell zahlreiche Teilnehmende die laut Medienberichten am Wochenende von US-Präsident Biden gegebene Erlaubnis. Borrell appellierte an die EU-Mitgliedsstaaten, der Ukraine den Einsatz von europäischen Waffen für Angriffe innerhalb Russlands zu erlauben. Der Spanier forderte auch eine schnellere Unterstützung für die Ukraine. Er erwartete sich eine weitere Diskussion über den Waffeneinsatz in der Ukraine und er hoffte, „dass die Mitgliedsstaaten zustimmen“.
Video: Der Taurus-Marschflugkörper erklärt (Veröffentlicht im März 2024)
Baerbock: „Abschussbasen zerstören“
Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock reagierte mit Zustimmung. Es gehe jetzt darum, „dass die Ukrainer nicht warten müssen, dass die Rakete über die Grenze fliegt, sondern dass man die militärischen Abschussbasen, dass man von dort, wo die Rakete geflogen wird, dass man das zerstören kann“, sagte Baerbock am Montag im rbb Inforadio. Dies sei im Rahmen des Selbstverteidigungsrechts jedes Landes.
Ihr französischer Amtskollege Jean-Noël Barrot sagte, dass Präsident Emmanuel Macron bereits erklärt habe, diese Option in Betracht zu ziehen, um „Ziele anzugreifen, von denen aus Russland ukrainisches Gebiet angreift“. Der niederländische Außenminister Caspar Veldkamp sieht in der Freigabe der Waffen die richtige Antwort auf den Einsatz nordkoreanischer Soldaten auf der Seite Russlands. Litauens Chefdiplomat Gabrielius Landsbergis forderte eine „neue Strategie für die Ukraine“.
Ungarn und Slowakei üben Kritik an US-Freigabe
Ungarn und die Slowakei kritisierten indes die US-Freigabe für weitreichende Waffen gegen Ziele auf russischem Gebiet. Ungarns Außenminister Péter Szijjártó nannte die Entscheidung „gefährlich“. Der slowakische Regierungschef Robert Fico sagte, er sei mit der US-Entscheidung keineswegs einverstanden. „Das ist eine beispiellose Eskalation“, hieß es in einer Stellungnahme Ficos.
China drängte unterdessen erneut auf ein Ende des Krieges. „Eine frühe Waffenruhe und eine politische Lösung dienen den Interessen aller Beteiligten“, sagte Außenamtssprecher Lin Jian am Montag in Peking. „Das Dringlichste ist, so schnell wie möglich eine Abkühlung der Lage herbeizuführen“, fügte er hinzu.
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