„Neuer Krieg beginnt“

ATACMS-Zusage an Kiew: Trumps Team tobt

Außenpolitik
19.11.2024 07:04

Im Lager des designierten US-Präsidenten Donald Trump hat das grüne Licht aus dem Weißen Haus für den Einsatz weitreichender Waffen gegen Ziele in Russland Empörung ausgelöst. „Es ist, als ob Präsident Biden einen ganz neuen Krieg beginnen würde“, echauffierte sich Richard Grenell, der ehemalige US-Botschafter in Deutschland.

Trumps Sohn Donald Jr. schrieb auf der Plattform X: „Der militärisch-industrielle Komplex scheint sicherstellen zu wollen, dass der Dritte Weltkrieg beginnt, bevor mein Vater die Chance hat, Frieden zu schaffen und Leben zu retten.“

Andere Republikaner wie der Abgeordnete Roger Wicker warfen Präsident Joe Biden hingegen vor, die Entscheidung zu lange verzögert zu haben. Die Republikanische Partei ist bei der Unterstützung der von Russland angegriffenen Ukraine gespalten. Bei einer Abstimmung im April stimmten im Repräsentantenhaus 112 Republikaner gegen ein milliardenschweres Hilfspaket für die Ukraine, 101 dafür.

Trump selbst hielt sich bisher mit wortgewaltigen Kommentaren zurück. Der 78-Jährige hatte im Wahlkampf stets betont, er könne den Krieg in der Ukraine innerhalb von 24 Stunden beenden. Trumps designierter Nationaler Sicherheitsberater Mike Waltz sprach in einem TV-Interview von einem „Schritt auf der Eskalationsleiter“. Kurz vor der Wahl hatte er noch angedeutet, dass eine US-Erlaubnis den Druck erhöhen würde, Kremlchef Wladimir Putin an den Verhandlungstisch zu bekommen. 

Donald Trump verspricht, den Krieg in der Ukraine nach seiner Angelobung binnen 24 Stunden zu beenden. (Bild: Copyright 2024 The Associated Press. All rights reserved.)
Donald Trump verspricht, den Krieg in der Ukraine nach seiner Angelobung binnen 24 Stunden zu beenden.

Experte: ATACMS führen „nicht zwangsweise zu Eskalation“
US-Medien berichteten am Wochenende übereinstimmend, dass der scheidende US-Präsident Biden der Ukraine erstmals erlaubt, taktische Raketen des Typs ATACMS mit einer Reichweite von mehreren Hundert Kilometern gegen Ziele in Russland einzusetzen. Nach Ansicht des Militärexperten Markus Reisner führt der Einsatz von weitreichenden Waffen wie den ATACMS „nicht zwangsweise zu einer Eskalation“. Die Folgen dieses „Paradigmenwechsels“ auf den Kriegsverlauf oder eine etwaige Verhandlungsposition der Ukraine hängen von der Reichweite und den Fähigkeiten der eingesetzten Waffensysteme ab, sagt der Bundesheer-Oberst.

Berichte aus den USA deuten laut Reisner darauf hin, dass das US-System ATACMS in der Kurzstreckenversion mit einer Reichweite von 165 km eingesetzt werden solle. Ein Einsatz im Raum Kursk – unter anderem gegen Truppenkonzentrationen russischer und nordkoreanischer Soldaten in dem russischen Gebiet – würde bedeuten, dass die USA versuchen, der Ukraine zu ermöglichen, die besetzten russischen Gebiete so lange wie möglich zu halten. „Dies würde eine etwaige Verhandlungsposition der Ukraine verbessern und nicht zwangsweise zu einer – bis jetzt von den USA immer vermiedenen – Eskalation führen.“

Oberst Markus Reisner (Bild: Bundesheer/Kurt Kreibich)
Oberst Markus Reisner

Was den Druck auf Russland „signifikant“ erhöhen könnte
Reisner betont: „Im Moment deutet noch nichts darauf hin, dass die Erlaubnis des Einsatzes der ATACMS-Langstreckenversion mit einer Reichweite von bis zu 300 km erteilt wurde. Erst mit dieser Fähigkeit wäre es möglich, russische Munitionsdepots und Flugplätze umfassend anzugreifen und massiven Druck auf die russische Seite auszuüben.“ Offen sei zudem auch, ob Großbritannien und Frankreich gleichziehen und den Einsatz von Storm Shadow und Scalp mit einer Reichweite von 560 km ebenfalls und mit Zustimmung der USA erlauben. „Dies würde den Druck auf Russland signifikanter erhöhen.“

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