Mit einem Minimalkonsens bei den Kriegen in der Ukraine und im Nahen Osten hat die Gruppe der 20 führenden Wirtschaftsmächte (G20) in Rio de Janeiro eine gemeinsame Gipfelerklärung gerade so zustande gebracht. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine wird darin wie bereits beim Gipfel in Indien im Vorjahr nicht mehr explizit von einer Mehrheit der Länder verurteilt. Russland – selbst G20-Mitglied – wird in der Passage zum Ukraine-Krieg nicht einmal erwähnt.
Es wird nur allgemein „auf das menschliche Leid und die negativen zusätzlichen Auswirkungen des Krieges“ verwiesen, beispielsweise auf die Nahrungsmittel- und Energiesicherheit. Der Terrorüberfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 findet ebenso wenig Erwähnung im Dokument. In der Erklärung zeigt sich die „Gruppe der 20“ nun über die humanitäre Lage im Gazastreifen und die Eskalation im Libanon besorgt. Die humanitäre Hilfe müsse dringend ausgeweitet und der Schutz der Zivilbevölkerung verstärkt werden – eine klare Botschaft an Israel. Die G20 bekräftigen zudem das Recht der Palästinenser auf Selbstbestimmung und ein „unerschütterliches Engagement“ für eine Zweistaatenlösung.
Bei den beiden Konflikten in der Ukraine und im Nahen Osten gibt es die größten Gräben zwischen den Staaten. Der G20 gehören die großen westlichen Demokratien wie die USA, Deutschland, USA und Großbritannien an, aber auch autoritär geführte Staaten wie Russland und China. Gastgeber Brasilien, sowie Länder wie Indien oder auch Südafrika stehen zwischen beiden Lagern.
Ukraine-Krieg und Nahost-Konflikt nicht auf Tagesordnung
Der Gastgeber, Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva, setzte die beiden Kriege gar nicht erst auf die Tagesordnung. Und er lud zur Verärgerung Deutschlands und anderer westlicher Staaten den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj nicht ein. Lula verfolgte eine Agenda, die vor allem die Themen des sogenannten „globalen Südens“ hervorhob, also der Schwellenländer Lateinamerikas, Afrikas und Asiens. Wichtige Punkte konnte er in dem Abschlussdokument unterbringen: den Kampf gegen Hunger und Klimaerwärmung sowie eine Reform der internationalen Organisationen.
Die G20-Staaten wollen sich künftig zudem für eine wirksame Besteuerung der Superreichen einsetzen. Ohne in die Steuerhoheit der Staaten einzugreifen, werde man sich gemeinsam darum bemühen, sehr vermögende Personen effektiv zu besteuern, heißt es in der Erklärung. Damit wird ein Minimalkonsens der G20-Finanzminister aus dem Juli bekräftigt. Außerdem bekräftigen die Teilnehmer in Rio das international vereinbarte Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Mit Blick auf die Frage der Klimafinanzierung freue man sich auf ein erfolgreiches Ergebnis der Weltklimakonferenz in Baku.
Reform des UN-Sicherheitsrates als Ziel
Die G20-Staaten erklären in der Abschlusserklärung zudem, auf eine Reform des UN-Sicherheitsrates hinarbeiten zu wollen. Die wichtigsten Industrie- und Schwellenländer fordern eine bessere Vertretung der bislang unterrepräsentierten Regionen Afrika, Asien, Lateinamerika und Karibik.
In Rio wurde auch die Globale Allianz gegen Hunger und Armut ins Leben gerufen. Es fehle weder an Wissen noch an Ressourcen, sondern an politischem Willen, um den Menschen Zugang zu Nahrungsmitteln zu verschaffen, heißt es in der Abschlusserklärung, die bereits am ersten Tag des Gipfels veröffentlicht wurde.
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