Knapp drei Jahre nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine gewinnen Kampfdrohnen und Systeme zu deren Abwehr zunehmend an Bedeutung. Sie sollen auf beiden Seiten der Front die Truppe entlasten. „Der Krieg der Roboter ist die Hauptrichtung der Entwicklung“, so der ukrainische Verteidigungsminister Herman Smetanin.
„Moderner Krieg ist eine Konfrontation von Technologien zum Aufspüren, Stören und Zerstören aus der Ferne“, erläutert Ostap Flyunt, Offizier der ukrainischen 67. mechanisierten Brigade. Durch den Einsatz von Drohnen sei die Zahl der Infanteristen in den Schützengräben bereits erheblich gesunken. Dem staatlich unterstützten ukrainischen Wagniskapitalgeber Brave1 zufolge verfügt die Armee über 160 Kompanien mit unbemannten Bodenfahrzeugen, die Nachschub an die Front bringen, Verletzte abtransportieren oder mit ferngesteuerten Maschinengewehren ausgerüstet sind. Diese Systeme kosten meist nur wenige Hundert Dollar pro Stück.
„Kamerad Roboter“ könnte kriegsentscheidend werden
Triebfeder der wachsenden Bedeutung elektronischer Kriegsführung sei die gescheiterte ukrainische Gegenoffensive von 2023, sagt Jurij Schelmuk, Mitgründer eines Produzenten von Störsendern. „Konzentrierte Angriffe mit billigen Flugdrohnen haben alle unsere Vorstöße gestoppt.“ Seither könne sich seine Firma Unwave vor Aufträgen kaum retten. Von dem Trend will auch ein ehemaliger ukrainischer Oberst mit dem Kampfnamen „Hephaistos“ profitieren. Sein Unternehmen bietet automatisierte Maschinengewehre an, von denen seinen Angaben zufolge sechs Stück an der Front im Einsatz sind.
Seit Anfang 2022 sind in der Ukraine mehr als 800 neue Militär-Start-ups aus dem Boden geschossen. Neben Kampfgeräten entwickeln sie auch Künstliche Intelligenz, um Drohnen effektiver einzusetzen. „Der ukrainische militärisch-industrielle Sektor ist derzeit der weltweit innovativste“, betont die ukrainische Abgeordnete Halyna Jantschenko, die sich für dortige Waffenhersteller einsetzt.
Auch Russland hat bei der elektronischen Kriegsführung aufgerüstet. Unter anderem deshalb konnte es in den vergangenen Monaten größere Gebiete und strategisch wichtige Orte im Osten der Ukraine erobern. Die beiden Kriegsparteien werden im laufenden Jahr voraussichtlich insgesamt 1,5 Millionen Drohnen produzieren.
Geld- und Fachkräftemangel bremsen Wachstum
Die Regierung in Kiew hat zudem mit weiteren Problemen zu kämpfen: Zwar habe sich die Fertigungskapazität seit 2022 auf 20 Milliarden Dollar verzwanzigfacht, sagt Verteidigungsminister Smetanin. Allerdings reichten die Mittel seines Landes nur dazu, die Hälfte der Produktion aufzukaufen. Dadurch seien die Anlagen vieler Hersteller nicht ausgelastet. Einige Firmen beklagen zudem die staatliche Begrenzung von Gewinnmargen, fehlende langfristige Lieferverträge und den Mangel an Fachkräften.
Daher dächten 85 Prozent von 38 befragten Firmen darüber nach, Produktion ins Ausland zu verlagern oder wanderten bereits ab, warnt Kateryna Michalko, Chefin des Branchenverbands Tech Force UA. Unternehmen fordern außerdem eine Aufhebung des Verbots von Waffenexporten, um das nötige Geld für eine weitere Expansion zu verdienen. Die ukrainische Regierung befürchtet allerdings einen öffentlichen Aufschrei, wenn Waffen mitten im Krieg ins Ausland geliefert werden.
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