Baldiger Abschluss?
Mercosur: Frankreichs Bauern erheben sich wieder
Vertreter der EU und Brasiliens zeigen sich zuversichtlich, dass das umstrittene Mercosur-Handelsabkommen nun in diesem Jahr endgültig unter Dach und Fach gebracht wird. Der letzte Widerstand – vor allem unter den Landwirtschaftsverbänden in mehreren Staaten – soll mithilfe eines milliardenschweren Kompensationsfonds gebrochen werden. Doch diese Maßnahmen stoßen ebenfalls auf Skepsis. Ihren Unmut tragen französische Landwirte wieder auf die Straße.
Landesweit gingen am Montag Landwirte auf die Straße, blockierten mit Traktoren Straßen, entzündeten Protestfeuer oder stellten Holzkreuze auf. Weitere Aktionen sind für die kommenden Wochen geplant.
Die französischen Bauern knüpften auch an die massiven und monatelangen Proteste im vergangenen Winter an: Daraufhin zugesagte Zugeständnisse der Regierung in Paris seien nicht umgesetzt worden. Damals hatten sich die Demonstrationen vor allem an den hohen Spritpreisen entzündet. Regelmäßige Traktorblockaden führten zu massiven Verkehrsstörungen.
Mobilisierung auch in Deutschland
Auch in Deutschland wird gegen den Pakt mobilisiert. Der Deutsche Bauernverband forderte am Montag einen Stopp des Abkommens. „Dieses Abkommen würde einseitig zulasten unserer Landwirtschaft gehen“, warnte der deutsche Bauernpräsident Joachim Rukwied. Die heimische Erzeugung würde „durch Agrarimporte zu Standards aus dem vergangenen Jahrhundert verdrängt“. Es brauche einen Ausgleich für die Unterschiede zwischen internationalen und europäischen Umwelt-, Klima- und Tierwohlstandards, das Mercosur-Abkommen gehöre daher gestoppt und grundsätzlich neu verhandelt.
Der EU-Mercosur-Pakt
Der Mercosur-Gruppe gehören Brasilien, Argentinien, Paraguay, Uruguay und seit Kurzem auch Bolivien an. Der EU-Mercosur-Pakt sieht unter anderem eine Erhöhung der Einfuhrquote von billigem Rindfleisch von derzeit 200.000 Tonnen auf 300.000 Tonnen pro Jahr vor. Die Importquote für Zucker soll um 10.000 Tonnen erhöht werden, während die Importquote für Bio-Ethanol – das ebenfalls aus Zuckerrohr gewonnen wird – gar um 650.000 Tonnen steigen soll.
Der Pakt würde so die Brandrodungen im Amazonasgebiet zusätzlich anfachen, während Zuckerrübenbauern und Rinderzüchter in Österreich unter enormen ökonomischen Druck geraten würden, warnen Klimaschützer. Schon jetzt importiert die EU Agrargüter, die jährlich direkt für die Zerstörung von 120.000 Hektar Wald alleine in den fünf Mercosur-Ländern verantwortlich sind. Das ist ein Fußballfeld Waldfläche alle drei Minuten.
Bereits 2019 hat sich der österreichische Nationalrat verbindlich auf ein Nein zu EU-Mercosur festgelegt. Diese Entscheidung wird nach wie vor von der Bevölkerung mitgetragen: Laut einer 2023 veröffentlichten Umfrage von der Handelskette Spar und Greenpeace lehnt eine große Mehrheit von 87 Prozent der Österreicher das Handelsabkommen ab.
Deutsche Wirtschaftsverbände und die Bundesregierung drängen hingegen seit Jahren auf die finale Ratifizierung. EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen treibt dies voran. „Der Teufel steckt immer im Detail“, sagte sie dazu am Sonntag in Brasilien. „Die Zielgerade ist die wichtigste, aber oft auch die schwierigste.“
Macron will Unterschrift verweigern
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bekräftigte am Sonntag bei einem Besuch in Argentinien seine Ablehnung des Mercosur-Abkommens. Frankreich lehne es ab, sagte er. „Wir glauben nicht an das Abkommen, so wie es ausgehandelt wurde.“ Österreich gehört ebenfalls zu den Ländern, die dem Abkommen kritisch gegenüberstehen. Neben Umweltbedenken dürfte in der Politik die erwartete Konkurrenz für die heimische Landwirtschaft hier den Ausschlag geben.
Industrieverbände, aber auch die Mehrheit der EU-Staaten drängt hingegen auf einen baldigen Abschluss. Vor allem die Gefahr, die durch die Handelspolitik des designierten US-Präsidenten Donald Trump für Europa ausgeht, dürfte Überzeugungsarbeit in so mancher Hauptstadt geleistet haben. Man will nicht zwischen den beiden Blöcken USA und China als Verlierer dastehen. Ob Macron es gelingt, in der EU eine Sperrminorität zusammenzubringen, ist ungewiss.
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