Rafael Nadal hat in seiner eindrucksvollen Karriere praktisch alles gewonnen. 22 Grand-Slam-Titel, allein 14 Mal die French Open, Gold bei Olympia. Doch als in Malaga das Ende seines Tennis-Lebens plötzlich feststeht, will er nicht an Titeln und Trophäen gemessen werden. „Die Art und Weise, wie ich in Erinnerung bleiben will, ist als eine gute Person aus einem kleinen Dorf auf Mallorca“, sagte Nadal nach dem Aus der spanischen Mannschaft bei den Davis Cup Finals.
Mit einer klaren Zweisatz-Niederlage gegen Botic van de Zandschulp hatte Nadal die überraschende 1:2-Niederlage der Gastgeber im Viertelfinale der Davis Cup Finals selbst eingeleitet. Als anfeuernder Zuschauer erlebte er auf der Tribüne, wie seine Zeit als Aktiver mit der Niederlage des spanischen Doppels ohne eigenes Zutun zu Ende ging.
Auch Veranstalter überrascht
Was danach im Palacio de Deportes José María Martín Carpena folgte, war angesichts des historischen Moments unwürdig. Turnierdirektor Feliciano Lopez hatte einen „ganz besonderen Abschied“ angekündigt. Doch die Veranstalter waren offenbar nicht darauf vorbereitet, dass dieser so schnell kommen würde.
Nach einigen Verzögerungen hatte Nadal das Wort. In einer langen Rede bedankte sich der Mallorquiner bei seiner Familie und vielen Weggefährten und resümierte: „Ich gehe mit der Gewissheit, ein sportliches und persönliches Vermächtnis hinterlassen zu haben, auf das ich stolz sein kann. Ich hatte das Glück, so viel Zuneigung aus der ganzen Welt zu erfahren, besonders hier in Spanien.“ Seine Frau Maria und sein zwei Jahre alter Sohn Rafael verfolgten die Worte gerührt auf der Tribüne.
Lange Zeit konnte Nadal die Tränen bei der zunächst erstaunlich emotionslosen Ehrung unterdrücken. Doch als auf dem Videowürfel Botschaften von Roger Federer oder Novak Djokovic und spanischen Fußballstars wie Andrés Iniesta oder Raúl eingeblendet wurden, flossen doch die Tränen. „Es war eine große Ehre, mit und gegen dich zu spielen“, sagte Nadals langjähriger Gegner und heutiger Freund Federer. „Die Leidenschaft und deine Intensität waren etwas, das so viele Spieler inspiriert hat“, meinte Andy Murray.
Bescheiden auch im Abschied
Nadal wird vor allem auch für seinen einwandfreien Charakter und seine Bescheidenheit in Erinnerung bleiben. „Ich habe versucht, ein guter Mensch zu sein, und ich hoffe, ihr habt das bemerkt“, sagte der Altstar in Malaga. „Ich war ein Kind, das seinen Traum verfolgt und das mehr erreicht hat, als ich mir je erträumt hätte.“ 22 Grand-Slam-Titel, allein 14 Mal die French Open, zwei Mal Gold bei Olympia, fünf Davis-Cup- und 36 Masters-1000-Titel geben eindrucksvoll Zeugnis davon.
„Gracias“, titelte die Sportzeitung „Marca“ am Mittwoch hundertfach auf Seite eins. Und „Mundo Deportivo“ schrieb: „Sein Vermächtnis bleibt unabhängig von Malaga erhalten. Danke, Rafa. Für immer und ewig. (...) Er hinterlässt ein unauslöschliches Erbe.“ Dem stimmte auch die 23-fache Grand-Slam-Siegerin Serena Williams auf Instagram zu. „Dein Vermächtnis wird niemals sterben. Deine Karriere von Anfang an bis heute zu sehen, war eine Ehre, Champion! Lang lebe Rafa!“
Paris 2022 als letzter großer Triumph
Sportlich hatte sich Nadal im Prinzip schon vor einer ganzen Weile verabschiedet. Sein letzter Höhepunkt war der Gewinn der French Open 2022. Ein letztes Mal hatte er in seinem Tennis-Wohnzimmer seinen Körper an seine Grenzen gebracht. Eigentlich wäre dieser 22. Grand-Slam-Titel der perfekte Zeitpunkt für Nadals Karriereende gewesen. Doch die Liebe zum Tennis war im Juni 2022 noch zu groß, um den Schläger aus der Hand zu legen.
Immer wieder quälte sich Nadal nach Verletzungen durch die Reha. Auch jetzt hatte er in seiner Akademie auf Mallorca noch einmal alles versucht, um sich für den Schlussakt seiner Karriere in Form zu bringen.
Kein perfekter Abschied
Doch die körperlichen Strapazen einer 22 Jahre langen Karriere waren in seinem letzten Spiel einfach nicht mehr zu kaschieren. „Mein Körper hat mir gesagt, dass er nicht mehr Tennis spielen will, und das muss ich akzeptieren“, meinte Nadal. Sein letztes offizielles Match hatte er bei Olympia in Paris Ende Juli gegen Djokovic bestritten. Schon da war er kein ebenbürtiger Gegner mehr gewesen.
Den perfekten Abschied gebe es nicht, hatte Nadal, der in seiner Karriere 1.080 Matches gewann, zuletzt gesagt. Und das bewahrheitete sich am Dienstag. „In gewisser Weise ist es vielleicht gut, wenn das mein letztes Spiel war, denn ich habe mein erstes Spiel im Davis Cup verloren und ich habe mein letztes verloren. So schließt sich der Kreis“, hatte Nadal nach seiner Niederlage philosophisch gemeint. Einen etwas würdigeren Rahmen hätte der einstige Sandplatz-König aber doch verdient gehabt.
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