Immer mehr Frauen im Burgenland gehen unter die Hobby-Mehlspeisbäckerinnen und bessern mit dem Verkauf ihrer hausgemachten Süßigkeiten ihr Einkommen auf. Wer jedoch keine Gewerbeberechtigung besitzt, macht sich strafbar.
Zum Backen braucht man Zeit. Karenzierte Mütter, Pensionistinnen und Teilzeitbeschäftigte haben sie, und so zaubern viele von ihnen für Geburtstage, Hochzeiten und Taufen allerlei Torten, Schnitten und Kuchen – und das nicht nur für den engsten Familien- und Freundeskreis. Zurzeit haben die Hobby-Bäckerinnen besonders viel zu tun, denn die Freizeit- und Feierabendbeschäftigung verspricht in der Vorweihnachtszeit lukrative Geschäfte. Schließlich bestellt fast jeder Österreicher im Advent ein bis drei Kilo Kekse und Plätzchen.
Gepfuscht wurde beim Backen im großen Stil schon zu Großmutters Zeiten. Doch die anhaltende Teuerung und die kostenlosen Bewerbungsmöglichkeiten der hausgemachten Leckereien auf Social-Media-Kanälen befeuern die Schattenwirtschaft und sorgen für immense Preisunterschiede. Sehr zum Leidwesen von ausgebildeten Zuckerbäckern.Während diese ein Kilo Weihnachtskekse für 35 bis 55 Euro anbieten, gibt es „Schwarz-Bäckerinnen“, die die gleiche Menge für 25 bis 30 Euro anbieten. Das sorgt freilich für gehörig Wirbel unter den Profis.
Aufruf zu mehr Fairness
Konditormeisterin und Pâtissière Lena Zachs aus Marz kann den Unmut vieler Kollegen verstehen. Für ein Kilo Vanillekipferl, Linzeraugen, Florentiner, Zitronendiamanten, Rumkugeln, Eisenbahner, Ischler, Neros und Rumkugeln verlangt sie 54 Euro. Dafür liefert sie Top-Qualität. Nach der Matura absolvierte die 23-jährige im „Crème de la Crème“ in Wien eine Zuckerbäcker-Lehre und zog danach nach Paris, um bei „Ferrandi“, einer der renommiertesten Pâtisserie-Akademien der Welt, das Handwerk zu lernen.
Dass es Mitstreiterinnen gibt, die ihr Wissen aus Youtube-Tutorials beziehen, mit Fertigbackmischungen arbeiten und ungeniert die Steuer- und Registrierkassenpflicht, die Einhaltung von Kommunalumlagen und die Überprüfung durch das Lebensmittelinspektorat umgehen, aber dasselbe oder gar mehr verrechnen, empfindet sie als Frechheit. „Auch ich habe nach meiner Lehrabschlussprüfung schon für einen größeren Kundenkreis gebacken, allerdings nie illegal. Zum einen finde ich unlauteren Wettbewerb branchenschädigend, zum anderen wollte ich keine Probleme mit dem Finanzamt. Deshalb habe ich mich damals bei der Wirtschaftskammer erkundigt, in welchem Rahmen und Umfang ich meine Produkte anbieten darf“, sagt Zachs.
Burgenländisches Spezifikum
Zurzeit gibt es 100 Konditoren im Burgenland. 52 davon sind Meisterbetriebe. Konditor ist ein reglementiertes Gewerbe. Zur Ausübung ist eine Befähigung nachzuweisen. Darüber hinaus gibt es hierzulande ein Spezifikum, die „Hochzeitsbäckerinnen“. Zurzeit sind 48 offiziell registriert.
„Sie dürfen nur anlassbezogen Torten, Kuchen, Schnitten und Kleingebäck auf Bestellung ihrer Kunden und unter Verwendung ihrer haushaltsüblichen Geräte erzeugen. Ihre Gewerbeberechtigung erlangen sie durch die sogenannte individuelle Befähigung“, erklärt Claudia Scherz, Fachgruppengeschäftsführerin der Sparte Gewerbe und Handwerk in der Wirtschaftskammer. Dabei sind bei der Bezirksverwaltungsbehörde durch entsprechende Beweismittel die für die jeweilige Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen nachzuweisen. Die individuelle Befähigung kann freilich auch auf eine Teiltätigkeit beschränkt werden, wenn die Befähigung nur für diese Teiltätigkeit des betreffenden Gewerbes vorliegt.
Doch Vorsicht! Das bloße Anbieten einer gewerblichen Tätigkeit an einen größeren Personenkreis kommt rechtlich gesehen dem Ausüben eines Gewerbes gleich!Kommt es also zu einer gewerblichen Erzeugung von Mehlspeise ohne Gewerbeberechtigung oder zu einer Überschreitung der angegebenen Tätigkeit, muss man mit saftigen Verwaltungsstrafen rechnen. „Wer eine Verwaltungsübertretung oder Gewerbeüberschreitung begeht, muss eine Geldstrafe von bis zu 3600 Euro bezahlen“, mahnt Scherz. Schattenwirtschaftsei nämlichkein Kavaliersdelikt: „Durch unbefugte Gewerbeausübung werden zahlreiche Gesetze verletzt. Zudem wird die Allgemeinheit und der Arbeitsmarkt schädigt, weil bestehende sowie neu zu schaffende Arbeitsplätze und Lehrstellen gefährdet sind undder Wettbewerb der Gewerbebetriebe zu deren Nachteil beeinflusst wird.“
Auch wer illegal bestellt, wird zur Kasse gebeten
Naschkatzen, die trotzdem ihre Kekse bei Bäckerinnenbestellen, die ein Gewerbe unbefugt ausüben, machen sich übrigens auch schuldig. Fliegt ein illegales Geschäft auf, müssen sie bis zu 2180 Euro Strafe zahlen. So gesehen ist es garantiert vernünftiger, seine Kokosbusserl und Vanillekipferl nicht am Schwarzmarkt einzukaufen.
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