Prozess in Tirol

Lange Haftstrafe für Mord an Ex-Politiker

Tirol
21.11.2024 18:35

Wegen Tötung eines 75-jährigen Ex-Gemeindepolitikers im Tiroler Völs (Bezirk Innsbruck-Land) im November 2023 wurde Donnerstagabend ein 52-Jähriger am Innsbrucker Landesgericht wegen Mordes zu 12 Jahren unbedingter Haft verurteilt (nicht rechtskräftig). Im Prozess stand seine Zurechnungsfähigkeit im Fokus. 

Dem Mann wird vorgeworfen, dem 75-jährigen Ex-Vizebürgermeister von Völs, Walter Kathrein, mit einem axtähnlichen Gegenstand im Kopf- und Halsbereich tödliche Verletzungen zugefügt zu haben. Der Angeklagte hatte sich in Einvernahmen geständig gezeigt.

Mit Grundstücksgeschäften unzufrieden
Als Grund für die Tat hatte der Einheimische bisher angegeben, mit Grundstücksgeschäften unzufrieden gewesen zu sein, die er in der Vergangenheit in bzw. mit der Gemeinde abgeschlossen hatte.

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Der Schädel war zertrümmert, die Adern durchtrennt.

Der Staatsanwalt

„Es war wie in einem Horrorfilm“
Zu Beginn der Verhandlung beschrieb Staatsanwalt Joachim Wüstner die Bluttat. „Es war wie in einem Horrorfilm“, benannte er die gewaltvolle Tötung des Ex-Politikers, die in der Wohnung des Angeklagten stattgefunden hatte. „Der Schädel war zertrümmert, die Adern durchtrennt“, führte er weiter aus.

Der Angeklagte habe mit dieser Tat einen „verdienten Gemeindebürger“ abrupt aus dem Leben gerissen. Ein psychiatrisches Gutachten würde zeigen, dass der 52-Jährige zwar unter einer „kombinierten Persönlichkeitsstörung“ leide, zum Tatzeitpunkt allerdings zurechnungsfähig gewesen sei.

Der Angeklagte vor Prozessbeginn. (Bild: Johanna Birbaumer/Krone KREATIV)
Der Angeklagte vor Prozessbeginn.

Anwalt bringt Krankheit ins Spiel
Dem widersprach der Verteidiger des Angeklagten, Albert Heiss, vehement. „Mein Mandant kann aufgrund seiner Krankheit nicht verurteilt werden“, sagte er. Er sei „massiv suizidgefährdet“ und gehöre in ein forensisch-therapeutisches Zentrum. Das psychiatrische Gutachten von Adelheid Kastner – das eben die Zurechnungsfähigkeit des Mannes attestiert – sei diesbezüglich problematisch und durchaus zweifelhaft: „In der Psychiatrie wurde meinem Mandanten etwa schon eine paranoide Schizophrenie attestiert“. Auch im Vorfeld der Verhandlung hatte Heiss dieses Gutachten bereits angezweifelt und wollte ursprünglich ein Gegengutachten in Auftrag geben.

Der Mann sei „schwer depressiv“ und würde sich in Haft wohl rasch „suizidieren“. Den Zustand seines Mandanten erklärte er auch mit seiner schweren Kindheit: „Sein Vater und seine Mutter haben sich umgebracht und er war seit seiner frühen Jugend auf sich allein gestellt“.

Angeklagter schilderte die Tat
Richterin Andrea Wegscheider ließ den Angeklagten von der Tat am 29. November 2023 berichten. „Er hat mich an diesem Tag auf einen Kaffee besucht“, sagte der Angeklagte über die getötete Person, die er einen ehemaligen Freund nannte. Es ging später bei den Gesprächen um eine „Grundstücksumwidmung“, im Rahmen derer ihm sein Gegenüber „gedroht“ und zum „Verkaufen gezwungen“ habe. „Ich habe ihm klar zu verstehen gegeben, dass ich nicht verkaufen will“, betonte er.

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Ich nahm voller Wut das erstbeste Werkzeug und habe ihm fest auf den Schädel geschlagen.

Der Angeklagte

Danach sei alles schnell gegangen. „Ich nahm schließlich voller Wut das erstbeste Werkzeug und habe ihm fest auf den Schädel geschlagen“, sagte der Angeklagte. „Obwohl er ein Freund war, wollte er mich erpressen“, führte der Mann den Grund dafür aus. Auf die Frage von Wegscheider, ob er ihn denn umbringen habe wollen, antwortete der Mann ausweichend: „Ich habe einfach zugeschlagen und nicht über die Folgen nachgedacht.“ Die Tat sei jedenfalls „nicht geplant gewesen“.

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Er leidet weder unter Wahnvorstellungen noch unter einer Schizophrenie.

Gutachterin Adelheid Kastner

Die renommierte psychiatrische Sachverständige Adelheid Kastner stellte bei der Erläuterung ihres Gutachtens alle während der Verhandlung in den Raum gestellten Erkrankungen in Abrede: „Er leidet weder unter Wahnvorstellungen noch unter einer Schizophrenie“, hielt sie fest. „Er leidet aber unter einer schwerwiegenden, nachhaltigen Persönlichkeitsstörung.“ Das sei aber keine Krankheit per se, sondern lasse sich meist – so auch in diesem Fall – aus der Lebensgeschichte der Klienten heraus erklären.

„Aneinanderreihung von Katastrophen“
„Die bisherige Biografie des Angeklagten war eine Aneinanderreihung von Katastrophen“, so die Expertin. Er habe früh Vater, Mutter und Schwester verloren und war „auf sich allein gestellt“. Das erkläre auch seine Persönlichkeitsstruktur und Verfasstheit. Außer Frage stehe aber, dass er zum Tatzeitpunkt wusste, „wer ihm gegenübersteht, wer er selbst ist und was er tut.“ Zudem sei der 52-Jährige nicht „gefährlich“ und müsse somit nicht in einem forensisch-therapeutischen Zentrum untergebracht werden.

Vor dem Gutachten von Kastner hatten sich zwei als Zeugen geladene Psychiaterinnen ihrer Aussagen enthalten. Sie hatten den Angeklagten in der Psychiatrie unter anderem eine „wahnhafte Störung“ oder auch „Schizophrenie“ attestiert und waren vom Verteidiger als Zeugen beantragt worden. 

Leiche erst Woche nach Tat entdeckt
Der Leichnam des ehemaligen langjährigen Kommunalpolitikers war am 6. Dezember 2023 in einem Nebengebäude des Grundstücks des Beschuldigten gefunden worden – und zwar eine Woche nach dessen Tod, wie eine Obduktion ergab.

Am Abend fällten Geschworene das Urteil 
Der nunmehr Angeklagte wurde am selben Tag festgenommen. Opfer und mutmaßlicher Täter hatten einander viele Jahre lang gekannt. Der Prozess erstreckte sich über den ganzen Tag. Am Abend zogen sich die Geschworenen zu Beratungen zurück. Nach relativ kurzer Zeit fällten sie einstimmig das Urteil: 12 Jahre unbedingte Haft für den 52-jährigen Tiroler wegen Mordes. Das Urteil ist nicht rechtskräftig: Staatsanwalt und Verteidigung gaben zunächst keine Erklärung ab. 

Bei der Frage der Zurechnungsfähigkeit war keine Einstimmigkeit gegeben: Fünf Geschworene sprachen sich dafür aus, drei dagegen. Bei vier zu vier hätte der mutmaßliche Täter als unzurechnungsfähig gegolten, was das Strafmaß weiter verringert hätte. 

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Tiroler Krone
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