Muslimische Frauen aus afrikanischen Ländern sind in vielen Bereichen toleranter als muslimische Männer. Das ist das Ergebnis einer Befragung der Dokumentationsstelle politischer Islam in Wien. Toleranter zeigen sich die Frauen demnach etwa in ihrer Religionsausübung und bezüglich öffentlichen Auftritten.
Insgesamt wurden 318 Muslimas und Muslime aus Somalia, dem Sudan und den Staaten Westafrikas befragt, die im Großraum Wien leben. Die Studienautorin Martina Gajdos und der Autor Erwin Ebermann hielten fest, dass sie mangels fehlender Alphabetisierung oder sprachlicher Fähigkeiten nicht alle Bildungsschichten erreicht hätten. Es handle sich daher nur um einen „Versuch einer Annäherung an die Realität“.
„Eine wesentliche Erkenntnis liegt darin, dass Frauen öfter eine weit offenere und tolerantere Haltung in vielen Fragen einnehmen“, sagte DPI-Direktorin Lisa Fellhofer. So befürworten beispielsweise 52,8 Prozent der befragten Frauen, dass eine Muslimin ihren Ehemann selbst auswählen sollte. Bei den Männern sind es nur 36,6 Prozent. Dass Frauen in der Öffentlichkeit selbstbewusst auftreten sollen, unterstützen fast sieben von zehn weiblichen Befragten (68,5 Prozent), aber nur vier von zehn männlichen (41,7 Prozent).
Mehr als jede Zweite für Gleichberechtigung
Für Gleichberechtigung von Frauen in allen Lebensbereichen ist mehr als jede Zweite (53,3 Prozent). Große Bedeutung messen die Befragtem dem Koranunterricht zu. Mehr als die Hälfte der Muslimas und Muslime stuft diesen als wichtiger als den Schulunterricht ein, nur für ungefähr jede zehnte Person ist der formale Schulunterricht wichtiger. Das Argument: Im Koranunterricht würden die Kinder lernen, „still zu sitzen und das Gedächtnis zu schulen.“
Unterschiede gibt es je nach dem Herkunftsland, dem Alter, Bildungsgrad, Deutschkenntnissen und Kontakten der Befragten. So sind Somalierinnen und Somalier etwa häufiger intolerant gegenüber anderen Religionen. Zudem ist ein Viertel der Gruppe der Ansicht, dass eine Muslimin niemals Sex mit ihrem Ehemann verweigern sollte. Weit seltener befürworten das Menschen aus dem Sudan (sieben Prozent).
Gute Deutschkenntnisse wie intensivere Austauschbeziehungen mit der Mehrheitsgesellschaft sind extrem wichtig, um in Österreich anzukommen. Beides hilft, die eigenen Vorurteile abzubauen sowie Partizipationschancen zu erkennen und zu ergreifen.
Martina Gajdos und Erwin Ebermann, Afrikanisten der Universität Wien
Jüngere und höher Gebildete offener
Jüngere und höher Gebildete sind offener für gleiche Rechte für Mann und Frau. Wer schlechte Deutschkenntnisse und wenig Kontakt außerhalb der eigenen Community hat, akzeptiert Rechtsverletzungen eher.
„Gute Deutschkenntnisse wie intensivere Austauschbeziehungen mit der Mehrheitsgesellschaft sind extrem wichtig, um in Österreich anzukommen. Beides hilft, die eigenen Vorurteile abzubauen sowie Partizipationschancen zu erkennen und zu ergreifen, welche eine Gesellschaft auch anbieten muss“, heißt es in der Studie.
Kommentare
Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.