Wiener Kampagne

Schock-Botschaft am Klo gegen Gewalt an Frauen

Wien
21.11.2024 13:51

Zum Beginn der „16 Tage gegen Gewalt“ an Frauen am 25. November sollen so viele wie möglich hängen: Plakate mit Schock-Botschaften über Gewalt an Frauen, platziert auf Toiletten in Wiens Gastronomie – mit anderen Inhalten jeweils für Frauen und für Männer. Provokation ist dabei einkalkuliert.

„DIE TÄTER: MÄNNER.“ prangt auf den Plakaten, die die Sozialdemokratische Wirtschaft (SWV) und die Volkshilfe auf Männertoiletten in Wiens 7500 Lokalen ausgehängt sehen wollen. Darunter stehen Fakten, die auch von der Polizei bestätigt werden: Jede 3. Frau in Österreich hat schon Gewalterfahrungen gemacht, jede 5. Frau war schon von Stalking betroffen, und jede 12. Frau wurde Opfer einer Vergewaltigung. Auf den Plakaten für die Frauentoiletten sind Hotlines und andere Hilfsangebote aufgelistet.

Ein Körnchen Unwahrheit
Die Botschaft soll Männer vor den Kopf stoßen, bestätigt Wiens SWV-Präsident Marko Fischer. Dem aufrüttelnden Schock-Effekt wird auch ein wenig Wahrheit geopfert: Die genannten Fakten beruhen auf einer Erhebung der Statistik Austria im Jahr 2021. Darin waren auch Fragen zur Gewalt von Müttern an Töchtern enthalten, die laut den Opfern sogar häufiger als bei Vätern vorkommt (29,47 % im Vergleich zu 27,73 %). Bei Daten zu Stalking und Vergewaltigung geht es allerdings unbestreitbar um männliche Täter.

Elisabeth Gneisz, Johanna Reithner (Volkshilfe), SWV-Wien-Präsident Marko Fischer, Alexandra Psichos-Prankl (Stv. Innungsvorsitzende Kaffeehäuser WKW) (Bild: Volkshilfe Wien/johnkcay.com)
Elisabeth Gneisz, Johanna Reithner (Volkshilfe), SWV-Wien-Präsident Marko Fischer, Alexandra Psichos-Prankl (Stv. Innungsvorsitzende Kaffeehäuser WKW)

Generalverdacht als Teil des Kalküls
Die Entrüstung, als nicht gewalttätiger Mann unter Generalverdacht gestellt zu werden, ist Teil des Kalküls. Man solle sich laut Fischer fragen „Ist das ein Thema für mich?“ und überlegen, ob vielleicht nicht man selbst, aber Freunde oder Arbeitskollegen Täter sein könnten. „Gewalt findet im Privaten statt, ist aber keine Privatsache“, so Johanna Reithner von der Volkshilfe. Die Kampagne solle Gespräche über das Thema anstoßen, auch und gerade am Wirtshaustisch. Es gibt auch Bierdeckel mit entsprechenden Botschaften.

Die Bierdeckel sollen das Thema von der Tabuzone an die Stammtische holen. (Bild: Volkshilfe Wien/johnkcay.com)
Die Bierdeckel sollen das Thema von der Tabuzone an die Stammtische holen.

Dass Österreich Handlungsbedarf hat, ist unbestritten. Die Zahl an Femiziden ist, gemessen an der Bevölkerungszahl, die höchste in ganz Europa. 8000 Männer nehmen in Wien inzwischen pro Jahr den Anti-Gewalt-Programmen der Volkshilfe teil, doppelt so viel wie noch letztes Jahr. Ein Drittel der Männer wird dazu verpflichtet, etwa im Zuge der Bewährungshilfe, ein weiteres Drittel von Organisationen wie Schulen geschickt. Immerhin ein Drittel erkennt aber inzwischen auch selbst, dass es ein Problem hat.

Bereits ihre Mitwirkung zugesagt haben SWV-Mitgliederbetriebe, wo die Plakate auch abgeholt werden können. Bemühungen um eine gemeinsame Aktion der gesamten Wiener Gastronomie hat es laut dem SWV nicht gegeben. Fraglich ist auch, ob ÖVP-nahe Kammermitglieder, die dem Anliegen prinzipiell positiv gegenüberstünden, die Mitwirkung nicht deshalb verweigern, weil sowohl auf den Plakaten als auch auf den Bierdeckeln deutlich die Urheberschaft der Sozialdemokraten hervorgehoben wird.

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