Der Internationale Strafgerichtshof IStGH erlässt wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen im Gazastreifen Haftbefehl gegen den israelischen Ministerpräsidenten Netanyahu. Auch gegen den Anführer der Hamas wurde ein Haftbefehl erlassen. Während Israel schäumt, begrüßt die Hamas die Entscheidung.
Das verkündete das Gericht am Donnerstag. IStGH-Chefankläger Karim Khan hatte schon im Mai wegen mutmaßlicher Verbrechen gegen die Menschlichkeit und mutmaßlicher Kriegsverbrechen Haftbefehle gegen Israels Regierungschef Netanyahu und seinen Verteidigungsminister Yoav Gallant sowie gegen die Anführer der Terrororganisation Hamas beantragt.
In seinem Antrag hatte Khan Netanyahu und Gallant mutmaßliche „gezielte Tötung“, „Aushungern“ sowie „Vernichtung und/oder Mord“ im Zuge des Gazakriegs vorgeworfen.
Gazakrieg Reaktion auf unfassbaren Terroranschlag
Als Reaktion auf einen Großangriff der islamistischen Terrororganisation Hamas, bei der mindestens 1160 Menschen getötet und 252 verschleppt wurden, geht Israel massiv militärisch im Gazastreifen vor.
Dabei wurden nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, bisher mehr als 43.000 Menschen getötet.
Israel: „Antisemitisch“
Netanyahus Büro nannte die Haftbefehle in einer ersten Reaktion „antisemitisch“ und sprach von absurden und falschen Schritten. Israel werde Druck nicht nachgeben und seine Bürger weiter verteidigen.
Die Haftbefehle seien ein „Zeichen der Schande“ für den IStGH, sagte der israelische Ex-Premier Naftali Bennett in einer ersten Reaktion. Der israelische Oppositionsführer Yair Lapid bezeichnete den Schritt des Gerichtshofs als „Belohnung für Terrorismus“.
Ebenso sprach der Zentralrat der Juden in Deutschland von einer „Absurdität“. Israel verteidige sich nach dem Massaker vom 7. Oktober 2023, allein der „semantische Dualismus, Israel auf eine Stufe mit der Hamas zu stellen, grenzt an Unverfrorenheit und vollkommen verfehlten Amtsverständnis eines internationalen Strafgerichtshofs in Folge einer Anti-Israel-Propaganda“.
Hamas: Wichtiger Schritt
Die Hamas hingegen begrüßte die Haftbefehle. Dieser komme der palästinensischen Sache zugute. Ein Hamas-Vertreter sprach von einem wichtigen Schritt zur Gerechtigkeit. Auch der palästinensische Botschafter in Wien, Salah Abdel Shafi, begrüßte den „seit Langem fälligen Schritt“.
Man erwarte, dass alle Vertragsstaaten die Entscheidung des IStGH „mit all seinen Konsequenzen“ für Netanyahu und Gallant „selbstverständlich auch umsetzen werden, betonte Shafi in einer der Stellungnahme.
International viel Kritik
Schon der Antrag des Chefanklägers auf die Haftbefehle löste international Schockwellen aus. Zahlreiche Staaten hatten juristische Stellungnahme zu dieser Frage dem Gericht übergeben. Diese hatten die Richter bei ihrer Entscheidung über den Antrag mitberücksichtigt.
Bereits im Mai hatte Netanyahu den Ankläger Khan einen „der großen Antisemiten der Moderne“ genannt. Auch Israels wichtigster Verbündeter, die USA, hatten sich gegen die Haftbefehle ausgesprochen. Andere Länder wie etwa Frankreich stärkten dem Strafgerichtshof dagegen den Rücken.
Die Ermittlungen des Weltstrafgerichts sind unabhängig von laufenden Verfahren zu der Gewalt im Gazastreifen vor dem Internationalen Gerichtshof. Dieses höchste UNO-Gericht ebenfalls mit Sitz in Den Haag will Streitfälle zwischen Staaten lösen. Südafrika hatte Israel wegen Völkermordes vor diesem Gericht verklagt.
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