Philippe Jordan, seines Zeichens scheidender Musikdirektor der Wiener Staatsoper, übernimmt mit 1. September 2027 das Amt des Chefdirigenten des Orchestre National de France und kehrt damit nach Frankreich zurück.
Dass der kommendes Jahr auslaufende Vertrag von Staatsopern-Musikdirektor Philippe Jordan nicht verlängert wird, steht bereits länger fest. Spätestens nach dem öffentlich ausgetragenen Disput mit Direktor Bogdan Roščić im Jahr 2022. Nun lichten sich aber auch die Nebel über den Zukunftswegen des 50-jährigen Schweizer Maestros. Jordan übernimmt mit 1. September 2027 das Amt des Chefdirigenten des Orchestre National de France und kehrt damit nach Frankreich zurück.
Schließlich hatte Philippe Jordan vor seinem Amtsantritt in Wien mit September 2020 jahrelang an der Spitze der Opéra National de Paris gestanden. „Für mich fühlt sich diese neue Verbindung wie eine Heimkehr an. Die zwölf Jahre an der Pariser Oper waren eine beglückende Zeit, und nach meinen Jahren an der Wiener Staatsoper sowie davor schon als Chef der Wiener Symphoniker kehre ich nun zurück nach Frankreich“, freute sich Jordan in einer Aussendung über die Rückkehr zu seinen Wurzeln.
Mit seinem neuen Posten tritt Jordan in Fußstapfen von Größen wie Lorin Maazel, Kurt Masur oder Daniele Gatti. Derzeit steht Cristian Măcelaru an der Spitze des Orchestre National de France, das sich dezidiert der Pflege des französischen Repertoires und Klangs verschrieben hat.
Die frankophile Ader des am 18. Oktober 1974 geborenen Jordan mag beim späteren Jungdirigenten familiär bedingt sein. Schließlich ist er der Sohn des 2006 verstorbenen Armin Jordan, des langjährigen Generalmusikdirektors des Orchestre de la Suisse Romande. Bereits mit sechs Jahren startete Jordan Junior in die Musikausbildung am Klavier, wurde zwei Jahre später Zürcher Sängerknabe und wandte sich zur gleichen Zeit auch noch der Violine zu. Bereits mit 16 Jahren, ab 1990, studierte er am Zürcher Konservatorium, schloss sein Klavierexamen mit Auszeichnung ab.
Ähnlich wenig Zeit ließ Jordan dann auch in seiner Karriere als Dirigent verstreichen. Bereits 1994 wurde der Durchstarter ans Stadttheater Ulm engagiert, wo er 1996 zum jüngsten Kapellmeister Deutschlands aufstieg. Auf den Radarschirm der internationalen Kritiker kam Jordan spätestens mit seinem folgenden Engagement nach Berlin, wo er von 1998 bis 2001 Assistent von Daniel Barenboim an der Staatsoper Unter den Linden war.
Dann begann die Liaison des polyglotten Künstlers mit Österreich, als er 2001 zum Chefdirigenten des Grazer Opernhauses und des Grazer Philharmonischen Orchesters berufen wurde – eine Position, die er wegen Unstimmigkeiten bezüglich Budget und Personalplanung mit der Opernintendanz und den politisch Verantwortlichen allerdings 2004 wieder aufgab.
Ein Karriereknick wurde dieser Schritt für den umtriebigen Maestro allerdings keineswegs, hatte er mittlerweile doch an nahezu allen großen Opernhäusern der Welt debütiert. So kehrte Jordan 2006 nach Berlin zurück, wo er bis 2010 Erster Gastdirigent an der Staatsoper Unter den Linden blieb. Zugleich arbeitete er auch als Konzertdirigent von Orchestern wie den Berliner und Wiener Philharmonikern oder dem RSO Wien. Bei den Wiener Symphonikern hatte Jordan bereits 2004 sein Debüt im Konzerthaus gefeiert – und so war es keine Überraschung, dass der Klangkörper den jungen Maestro 2011 als neuen Chefdirigenten ab der Saison 2014/15 präsentierte.
Dabei kristallisierte sich bei Jordan eine Neigung zu Beethovens symphonischem Werk heraus: Mit seinem Pariser Orchester legte er im Vorjahr eine Gesamteinspielung der neun Monumentalwerke vor, und auch die Wiener Symphoniker spielten unter ihrem Chef 2016/17 das Gesamtkonvolut live, respektive nahmen dieses für das hauseigene Label auf.
Daneben setzte Jordan mit den Symphonikern Schwerpunkte bei Schubert, Bela Bartok oder den Messen und Oratorien von Johann Sebastian Bach. So hat der im besten Sinne musikalische Alleskönner ein breit gefächertes Repertoire, das wohl nicht zuletzt seiner Opernarbeit geschuldet ist. Vom russischen über das französische, vom deutschen bis zum italienischen Fach, vom klassischen Kanon bis zu neueren Experimenten gibt es kaum einen Bereich, in dem sich Jordan nicht engagiert.
International hatte sich der Schweizer da schon als Musikdirektor der Pariser Oper einen Namen gemacht – eine Position, die Jordan 2009 im Alter von nur 34 Jahren angetreten hatte. An der Seine zeichnete er unter anderem für einen „Ring“-Zyklus verantwortlich, machte sich naturgemäß aber nicht zuletzt im französischen Fach einen Namen. Seine Wagner-Kompetenz konnte der Dirigent indes nicht zuletzt immer wieder in Bayreuth unter Beweis stellen.
Und nachdem die Chefstelle bei den Wiener Symphonikern mit Ende der Saison 2019/20 auslief, begann mit September 2020 die Episode als Musikdirektor an der Staatsoper. Dort hatte Jordan allerdings bereits zuvor Erfahrungen gesammelt, seit er 1999 mit Lehars „Lustiger Witwe“ sein Debüt gefeiert hatte. Nach der ersten, konfliktfreien Flitterwochenzeit kam es 2022 aber zu einem virtuellen Schlagabtausch mit Direktor Bogdan Roščić über die Frage, ob Jordan seinen Vertrag aufgrund einer Enttäuschung über das Regietheater freiwillig nicht über 2025 hinaus verlängern wollte oder Roščić ihm die Nicht-Verlängerung zuvor bereits avisiert hatte. In jedem Falle wird Jordans Zeit an der Wiener Staatsoper nach dem ersten Fünfjahresvertrag 2025 beendet, worauf er in Interviews beschied, sich auch nicht mehr fix an ein Haus binden zu wollen. Stattdessen erfolgt nun wieder die Hinwendung zum Symphonischen.
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