Bei TV-Interview

Amanda Knox: “Ich habe keinen Mord begangen”

Ausland
01.05.2013 12:05
Erst wurde sie in Italien wegen Mordes zu einer langen Haftstrafe verurteilt, später freigesprochen - jetzt wendet sich Amanda Knox an die Öffentlichkeit. "Ich möchte, dass die Wahrheit ans Licht kommt", sagte die 25-jährige Amerikanerin in einem am Dienstag ausgestrahlten TV-Interview (Bild) des US-Senders ABC. "Ich möchte, dass die Missverständnisse erkannt werden. Ich möchte, dass ich wieder als Mensch gesehen werde." Und sie würde gerne das Grab von Meredith Kercher besuchen.

Der Kriminalfall hatte weltweit für Aufsehen gesorgt: 2007 wurde Knox' Freundin und Mitbewohnerin Meredith Kercher in der Universitätsstadt Perugia mit durchschnittener Kehle und halb nackt aufgefunden. Es war von Sexspielen die Rede, die außer Kontrolle geraten seien. 2009 wurde Knox, die von den Medien "Engel mit den Eisaugen" genannt wurde, mit ihrem damaligen Freund Raffaele Sollecito in einem spektakulären Indizienprozess zu 26 bzw. 25 Jahren Haft verurteilt.

2011 sprach das Gericht in Perugia die beiden in einem Berufungsprozess frei. Unlängst hob ein Gericht den Freispruch für Knox und ihren Ex-Freund auf. Jetzt soll ihr Fall in Italien erneut aufgerollt werden, ein Datum für den Verfahrensbeginn steht noch nicht fest. Knox lebt aber unterdessen wieder in den USA.

"Nach erstem Urteil konnte ich nicht mehr atmen"
"Ich saß im Gerichtssaal und sie nannten mich einen Teufel. Für sie war ich eine Mörderin", sagte Knox in dem Interview mit Diane Sawyer weiter. Doch in Wahrheit sei sie in der Mordnacht bei ihrem Freund gewesen, sie hätten Marihuana geraucht und Sex gehabt. Auf die Frage, ob sie an dem Mord beteiligt war, sagte Knox: "Nein." Die Polizei habe sie aber zu missverständlichen Aussagen gedrängt. "Ich war nicht dort", fügte sie hinzu. Als das erste Urteil verkündet wurde, "konnte ich nicht mehr atmen", berichtete die junge Frau.

"Ich würde gerne Merediths Grab besuchen"
Eines Tages würde sie gerne das Grab Merediths besuchen, sagte Knox, mit dem Einverständnis der Familie natürlich. Sie könne die Gefühle von Kerchers Familie nachvollziehen, "aber ich will, dass sie wissen, dass ihre Trauer meinen Respekt und den meiner Familie hat. Wir wollen nicht in ihr Leben und in ihre Trauer eindringen". Sie wolle nur, dass die Familie verstehe, dass "mein Bedürfnis nach Gerechtigkeit dem ihren nicht widerspricht".

Sie habe ihre Mitbewohnerin nicht getötet. "Ich war wegen ihres Todes wie betäubt, ich war am Boden zerstört, weil es so unfair war. Sie war meine Freundin, ich habe eine Freundin verloren", so Knox zu Sawyer. Dass sie schnell zur Verdächtigen wurde, habe sie nie im Leben erwartet: "Das wäre mir nie in den Sinn gekommen."

"Ich dachte im Gefägnis oft an Selbstmord"
Im Gefängnis habe sie auch an Selbstmord gedacht. "Ich fühlte mich, als wäre ich lebendig begraben worden." Auch in ihrer am Dienstag erschienenen Autobiografie "Waiting to Be Heard" ("Zeit, gehört zu werden"; siehe auch Infobox) schreibt sie über Suizidgedanken. Sie habe sich oft gefragt, was der Bruchpunkt wäre, an dem sie ihrem Leben ein Ende setzen würde. Vermutlich wäre es so weit gewesen, wenn sie in dem Berufungsprozess zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden wäre.

"Es gibt viele Arten, sich hinter Gittern das Leben zu nehmen - und ich habe sie alle in Betracht gezogen", so Knox in dem Buch, in dem sie einem hochrangigen Gefängnisangestellten sexuelle Belästigung vorwirft. Zudem habe ein Arzt ihr in Haft gesagt, dass sie HIV-positiv getestet sei, was sich aber als falsch herausgestellt habe.

"Ich musste im Gefängnis erwachsen werden"
Überstanden habe sie das alles durch die Hilfe ihrer Familie und dem Gefängnispfarrer. Er habe ihr auf einem Stück Papier, auf das sie Tasten aufgemalt habe, das Klavierspielen beigebracht und ihr mehr oder weniger das Leben gerettet. Das Leben zu Hause sei jetzt ein anderes, sie eine andere. "Ich musste im Gefängnis erwachsen werden", so Knox. Ihrer Familie sei es anfangs schwergefallen, dass sie sich so verändert habe. "Meine Familie hat die alte Amanda erwartet, die, die lustige Gesichter schneidet. Aber ich bin nicht mehr die alte Amanda, ich bin nicht mehr so vergnügt." Sie gehe wenig aus, studiere an der University of Washington.

"Engel mit den Eisaugen" erwägt Rückkehr zum Prozess
Zur bevorstehenden Neuauflage des Verfahrens meinte Knox, dies sei ein Gefühl, als müsste sie erneut "durch ein Feld mit Stacheldraht" gehen. Gegenüber der US-Zeitung "USA Today" sagte die 25-Jährige kürzlich, dass sie nicht vor der italienischen Justiz davonlaufen möchte und es erwäge, zum Berufungsprozess nach Italien zurückzukehren. "Meine Anwälte haben mir gesagt, ich bräuchte nicht teilzunehmen", erklärte Knox gegenüber der Zeitung. Es sei ihr jedoch wichtig und sie denke sehr oft daran.

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