Am Rande der „Buch Wien“ sprach die deutsch-britische Autorin Karina Urbach über die Faszination des „Dritten Mannes“, ihre Sehnsucht nach Wien, die letzten Überlebenden der Wiener Abhörtunnel und Frauen als Spioninnen.
„Krone“: Frau Urbach, woher kommt ihre Begeisterung für Wien überhaupt?
Karina Urbach: Meine Oma Alice Urbach war in den 1930er-Jahren eine bekannte Wiener Kochbuchautorin. Ihr abenteuerliches Leben hat mich fasziniert, ich schrieb vor ein paar Jahren eine Biografie über sie. Danach kam ich von dieser Stadt einfach nicht mehr los.
Wird Wien tatsächlich international immer noch als „Stadt der Spione“ angesehen?
Auf jeden Fall! Westliche wie östliche Geheimdienste belauern einander seit dem Kalten Krieg, es gibt hier schließlich auch viele internationale Organisationen. Zuletzt hatten wir ja den Fall des untergetauchten Ex-Wirecard-Managers und Russlandspions Jan Marsalek, der bulgarische Agenten in Wien führte. Er bestand darauf, dass sie ihm nebenbei auch noch eine Sachertorte mitbrachten.
Ich führte Interviews mit einem Mann, der noch im Wiener Abhörtunnel arbeitete.
Autorin Karina Urbach über Wien
Der „Dritte Mann“ fasziniert Touristen und Einheimische - warum?
Männer lieben James Bond und die Idee, ein aufregendes Doppelleben zu führen. Spionage ist aber, was Psychologie und Menschenführung betrifft, auch für Frauen interessant. Frauen waren immer sehr erfolgreiche Geheimdienstagentinnen, weil sie Menschen gut einschätzen können. Man hat ihre Erfolgsstorys aber nicht erzählt. Das wollte ich ändern.
Sie haben auch einmal Daphne Park interviewt...?
Daphne war britische Geheimdienstagentin, die 1948 nach Wien geschickt wurde. Sie sah, wie brutal die sowjetische Seite damals vorging. Sie hasste die kommunistische Ideologie, aber sie liebte die russische Literatur. Sie wollte beides verstehen und lernte intensiv russisch. Man versetzte sie dann an die britische Botschaft in Moskau, um Agenten zu führen. Weil sie aussah wie Miss Marple, hat sie der KGB unterschätzt. Man hielt sie für die neue Haushälterin der Botschaft – für sie war es das perfekte Cover. Es hilft, unterschätzt zu werden!
Wie viel von Ihrem Roman beruht auf wahren Begebenheiten?
80 Prozent beruhen auf Interviews mit einem Agenten und einem Mann, der im Abhörtunnel arbeitete. Drehbuchassistentin Angela Allen (heute 95) brachte mich auf die unglaubliche Spionagestory hinter dem Dritten Mann. Ich musste also nicht viel erfinden, die Realität war spannend genug.
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