Teure Löhne und Energie bremsen im Wettbewerb, klagen die Bosse heimischer Industrie-Unternehmen. Sie drängen auf rasche Rettungsmaßnahmen. Ansonsten drohen Abwanderung, Deindustrialisierung und ein noch viel dramatischerer Jobabbau in Österreich.
KTM baut weitere 300 Mitarbeiter ab, der Autozulieferer TCG meldet 882 der 960 Beschäftigten beim AMS an, weil die Kollektivvertrags-Lohnerhöhung der Branche von 4,8 Prozent nicht leistbar sei – Meldungen der letzten Tage, die zeigen, dass in der heimischen Industrie der Hut brennt. Sie steuert auf ein drittes Jahr der Rezession zu, das ist der längste Abschwung seit Jahrzehnten.
Lohnstückkosten um 30 Prozent gestiegen
„Es ist leider eingetreten, wovor wir gewarnt haben. Jetzt muss man endlich auf uns hören. In den vergangenen Jahren sind unsere Lohnstückkosten um 30 Prozent gestiegen, in Deutschland waren es nur 14 Prozent, in der Schweiz 5,6 Prozent. Nur mehr fünf Prozent der Betriebe sagen, dass sie 2025 Leute einstellen wollen“, warnt Wärmepumpen-Unternehmer Kari Ochsner. „Wir sind das einzige Land, in dem man verlangt hat, dass die Industrie die gesamte Inflation der Beschäftigten abdeckt. Das war fahrlässig.“
Auch die Energiekosten seien im internationalen Wettbewerb viel zu hoch. „Wir brauchen staatliche Stützungen der Strom-Netzkosten und bis 2030 gedeckelte Strompreise.“ Und das umstrittene Lieferkettengesetz soll Österreich einfach nicht umsetzen, verlangt Ochsner. Generell müsse die Bürokratie runter.
Industriellenvereinigung fordert einen „Austro-Musk“
Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung, fordert einen „Austro-Musk“, der sich für einen Kahlschlag in der Bürokratie einsetzt: „Für uns wäre das ein Befreiungsschlag.“ Es sei bereits eine Deindustrialisierung in Gang, heimische Betriebe investierten mehr im Ausland als bei uns.
Mehr Investitionen im Ausland als in Österreich
Hansjörg Tutner von der Fahrzeugindustrie betont zudem: „Die meisten Autozulieferer sind nicht mehr in österreichischer Hand. Investitionsentscheidungen werden woanders getroffen.“ Da gebe es kaum Standorttreue, es zählen harte Zahlen.
Rosenbauer-CEO Sebastian Wolf sieht die größten Probleme derzeit im vielerorts auf dem Vormarsch befindlichen Protektionismus. „Früher wichtige Märkte wie China oder Iran sind für uns geschlossen“, betont der Manager. Dazu würden noch die stark gestiegenen Lohnstückkosten kommen, die die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Europa schwächen. Wolf: „Wir benötigen eine aktive Wirtschaftspolitik und Unterstützung der Realwirtschaft in Österreich. Wir können unseren Wohlstand und die Arbeitsplätze in Österreich nur mit einem Außenhandelsüberschuss
verteidigen.“
Die Benya-Formel passt nicht ins Konjunkturumfeld
Die Benya-Formel für die Lohnabschlüsse (Abgeltung = Inflation plus Produktivitätszuwachs, Anm.) passe ebenso wenig zum aktuellen Konjunkturumfeld wie die „Merit-Order“ für die Energiepreisfindung zur Gaspreiskrise. „Hier muss die Politik rasch handeln“, so Firmen-Chef Wolf.
„In Summe hat sich Europa mit der Entwicklung der letzten Jahre keinen Gefallen getan“, sagt Semperit-Boss Karl Haider. Hauptproblem: Lohn- und Energiekosten sind höher als in anderen Teilen der Welt. „Und das Zinsniveau wirkt sich negativ auf die Finanzierungstätigkeiten aus.“
„Die Investitionszurückhaltung in unseren wichtigsten Märkten Zellstoff und Papier, Automobil und Stahl währt nun schon über ein Jahr“, stellt Andritz-Chef Joachim Schönbeck fest und ergänzt: „Investitionen in die grüne Transformation werden aufgrund politischer Unsicherheiten verschoben. Gleichzeitig werden Zollschranken errichtet. Wir haben alle Hände voll zu tun, uns anzupassen.“
Österreich verliert seine Wettbewerbsfähigkeit
Von der Politik wünscht er sich „Maßnahmen, die unsere Wettbewerbsfähigkeit erhöhen und nicht belasten. Hier stehen Bürokratieabbau, freier Handel und Arbeitnehmerfreizügigkeit ganz oben auf der Liste. Das sichert Arbeitsplätze und stärkt unseren Standort!“
Ins selbe Horn stößt Lenzing-Boss Rohit Aggarwal: „Global sind die Inflation, hohe Bürokratie und hohe Arbeitskosten eine Bürde.“ Seine Forderung an eine neue Regierung ist die „Entbürokratisierung und eine Abkehr von der gegenwärtigen Politik, EU-Regelungen national noch übertreffen zu wollen“. Wichtig seien auch Investitionsförderungen und ein mittel- bis langfristiger Plan für die Zuwanderung von qualifizierten Fachkräften.
Für die voestalpine ist laut Statement „entscheidend, dass Österreich auf der globalen Bühne wettbewerbsfähig bleibt – bedeutet unter anderem: keine neuen Steuern für Unternehmen und keine weiteren Klimazielverschärfungen“.
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