Kommentare in den sozialen Medien ärgern die trauernde Familie des zweiten Mordopfers von Roland Drexler. Gefühllose Poster, die Verständnis für den mörderischen Jäger zeigen, sind besonders schlimm. Dennoch gibt es auch Mitgefühl mit den Angehörigen des Täters. Jetzt spricht eine Tochter des Mordopfers Josef Hartl.
Der kaltblütige Doppelmord des Jägers Roland Drexler an zwei Kontrahenten erschütterte ganz Österreich. Doch wie geht es inzwischen den trauernden Angehörigen? „Seit 28. Oktober 2024 stehen meine Welt und die meiner Familie Kopf. 1000 Gedanken und Gefühle sind darin gefangen, schwer bis unmöglich, diese zu sortieren. Vom Schmerz möchte ich gar nicht reden“, schreibt Susanna H., eine Tochter von Josef Hartl (64), dem zweiten Opfer des Doppelmörders von Altenfelden, an die „Krone“.
Kommentare in sozialen Medien zu unserem Bericht über das Begräbnis des Täters Roland Drexler (56) ärgerten sie sehr: „Lange habe ich überlegt, ob es klug ist, diese Zeilen zu schreiben. Man versucht im Grunde, sich vor so vielen negativen und verletzenden Worten zu schützen. Zum Schmerz gesellten sich Trauer, Wut, Leere, Leid und bei manchen Kommentaren Fassungslosigkeit und Angst.“
„Wir sind alle nur zu Gast auf der Erde“
Susanna H. weiter: „Eines der wichtigsten Dinge, die ich durch meinen Papa lernen durfte, war: Wir sind alle nur zu Gast auf der Erde. Schätze jeden Menschen, die Lebewesen und die Natur. Sei dankbar für diesen Reichtum und behandle das alles stets mit Respekt und Ehrfurcht. Das lernte mein Vater nicht nur mir, sondern auch meinen Geschwistern, seinen Enkeln, den Nachbarskindern, Jungjägern und vielen mehr. Ein Miteinander statt einem Gegeneinander, ein Zusammenhalten und kein Imstichlassen. Füreinander da sein. Mutig sein, wenn es nötig ist, und auch mal für andere handeln, wenn die gerade nicht die Kraft dazu haben.“
„Das konnte Papa wirklich gut“
Die Tochter schreibt außerdem: „,Da setzen wir uns mal zusammen und reden uns das aus‘, sagte mein Papa. Und er konnte das gut, ja wirklich gut. Dinge ansprechen, ausreden, sind sie auch noch so unangenehm, ärgerlich oder aussichtslos. Ich möchte in diesen Zeilen niemanden schlechtmachen. Mein Mitgefühl liegt bei der Familie des ersten Opfers wie auch bei der Familie des Täters. Fakt ist, und das kann man weder schön- noch schlechtreden, dass der Täter über Jahre hinweg Dinge gemacht hat, die schlicht und einfach verboten sind. Und fragt sich nun einer, ob ein Mord an denjenigen gerechtfertigt ist, die ihn nach mehreren, erfolglosen Gesprächen gemeldet haben?“
Ein Vergleich der Tochter: „Angenommen da fährt jemand seit Jahren immer und immer wieder mit 90 km/h durch das Ortsgebiet wo 50 erlaubt sind – da stellt auch niemand die Frage, ob er das darf.“
Filme, Bücher, Podcasts über Verbrechen boomen unter dem Genretitel „Crime“. Vielleicht, weil Bluttaten für die meisten von uns Gott sei Dank nichts mit der eigenen Realität zu tun haben, gerade deshalb Nervenkitzel und Grausen als anregende Ablenkung vom Alltag empfunden werden.
In echt, in der Realität, ist es ganz anders. Da stellt der Mord an einem geliebten Angehörigen alles auf den Kopf. Und es dauert oft sehr lange, bis aus den offenen seelischen Wunden Narben werden. Das wird meist vergessen, wenn’s am Abend beispielsweise bayrisch-gemütlich aus dem Fernseher ertönt: „Es gaabat a Leich!“
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