Gazprom hat seine Gaslieferungen an die OMV und damit an Österreich eingestellt. Was nach einem harten Schnitt klingt, kann aber in die Irre führen. Der sogenannte „Gaslieferstopp“ ist eigentlich keiner – sondern lediglich der Verlust gewisser Privilegien.
Seit einer Woche liefert der russische Staatskonzern Gazprom der österreichischen OMV kein Erdgas mehr. Doch um einen tatsächlichen Lieferstopp handelt es sich nicht. Es kommt weiter ähnlich viel russisches Gas an der österreichisch-slowakischen Grenze in Baumgarten an wie zuvor.
Was hat sich also geändert? Wir stellen uns ein riesiges metaphorisches Paket vor. Bisher kam es am Gasdrehkreuz im niederösterreichischen Baumgarten mit einem riesigen Etikett an. Darauf stand: nur für OMV! Dieses Label wurde vom Kreml nun wutentbrannt heruntergerissen. Der heimische Energiekonzern hat sozusagen sein Vorzugsrecht verloren. Kurz: Geändert hat sich nur, wie das Gas verkauft wird.
Russen-Gas landet trotzdem bei uns
Bisher ging der Großteil des nach Österreich strömenden russischen Gases im Rahmen eines seit 1968 bestehenden Vertrags an die OMV. Doch nachdem der heimische Energiekonzern angekündigt hatte, Schadenersatz von der monatlichen Gasrechnung abzuziehen, stellte Gazprom mit 16. November die Lieferungen im Rahmen dieses Liefervertrages ein. Die Gazprom verkauft dieses Gas nun über die Börse oder an Zwischenhändler.
Es ist also wahrscheinlich, dass über Umwege sehr wohl russisches Gas in unseren Speichern landet. Ein Beispiel: Die Slowakei kauft in Baumgarten ein, die OMV kauft im Anschluss von der Slowakei. Wo jetzt Bratislava draufsteht, ist ausschließlich Kreml drin.
Dass die OMV von Gazprom kein Gas mehr direkt erhält, sehen Beobachter dennoch als „Anfang vom Ende“ des langjährigen Liefervertrags, der 2018 bis 2040 verlängert wurde. Die OMV selbst möchte sich dazu nicht äußern. „Zu unserer Rechtsstrategie und laufenden Gerichtsverfahren können wir keine Stellung nehmen“, heißt es dazu auf Anfragen.
Es gilt jedoch als offenes Geheimnis, dass man den Vertrag mit Gazprom, der eine Abnahmeverpflichtung vorsieht, loswerden will. Die OMV will bis 2027 eigenes Gas aus ihrem Projekt Neptun Deep im Schwarzen Meer in Rumänien fördern. Zudem haben sich nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine alle EU-Staaten darauf verständigt, bis 2027 aus russischem Gas auszusteigen. Das könnte nun früher gelingen ...
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