Burgenländer befragt

Ein „Grinch“ sehnt sich nach dem Weihnachtszauber

Burgenland
24.11.2024 09:00

Ein bekennender Weihnachtsmuffel aus dem Burgenland wollte wissen, wie andere Menschen Weihnachten feiern. Dafür hat er 99 Landsleute befragt – darunter zahlreiche Prominente. Die gesammelten Anekdoten hat er nun in einem berührenden Buch veröffentlicht.

Roland Posch aus Bad Sauerbrunn bezeichnet sich selbst als „Grinch“. So wie die grüne griesgrämige Titelfigur der gleichnamigen Filmkomödie mag er Weihnachten nämlich gar nicht. Deshalb hat es der 54-jährige alleinstehende Nachrichtentechniker zu seiner Tradition gemacht, am Heiligen Abend zu arbeiten. Auch heuer soll das so sein. Doch anders als der echte „Grinch“, der das schönste Fest im Jahr stehlen und es für alle zunichtemachen will, möchte Posch die Menschen während der Feiertage glücklich sehen.

„Im November vor zwei Jahren habe ich in meiner Heimatgemeinde mein Buch ‘Stille Zeitzeugen‘ präsentiert. Ein Gitarrist sorgte dabei für den musikalischen Rahmen. Als er das Lied ‘Wia woa Weihnachten?‘ von Georg Danzer zum Besten gab, flossen bei den Zuschauern Tränen, weil es bei allen Erinnerungen auslöste. Das hat mich so dermaßen bewegt, dass ich wissen wollte, mit welchen Erlebnissen die Leute Weihnachten verbinden.“

Roland Unger mit der 103-jährigen Hedwig aus Pöttsching. Wenn sie an Weihnachten denkt, fällt ihr immer Marcel, ein junger Fleischer aus Paris, ein. Während des Zweiten Weltkrieges war er als Zwangsarbeiter am Bauernhof ihrer Familie beschäftigt und der einzige Mann, der mit Beil und Messer umgehen und einen kleinen Christbaum aus dem Wald besorgen konnte: „Er riskierte sein Leben, denn das Holz war für die Front vorgesehen.“  (Bild: zVg)
Roland Unger mit der 103-jährigen Hedwig aus Pöttsching. Wenn sie an Weihnachten denkt, fällt ihr immer Marcel, ein junger Fleischer aus Paris, ein. Während des Zweiten Weltkrieges war er als Zwangsarbeiter am Bauernhof ihrer Familie beschäftigt und der einzige Mann, der mit Beil und Messer umgehen und einen kleinen Christbaum aus dem Wald besorgen konnte: „Er riskierte sein Leben, denn das Holz war für die Front vorgesehen.“ 

Auch zahlreiche Prominente befragt
Gesagt, getan! Zwei Jahre lang reiste der passionierte Motorradliebhaber, der aktuell 24 heiße Öfen in seiner Garage stehen hat, mit seinen fahrbaren Untersätzen quer durchs Land und stellte 99 Burgenländern und Burgenländerinnen die Frage, wie Weihnachten bei ihnen zuhause war. Die Antworten darauf hat er in einem 312 Seiten starken Buch festgehalten, das gerade erschienen ist.

Zu Wort kommen dabei nicht nur der achtjährige Jonas aus Wiesen oder der 101-jährige Johann aus Steinbrunn, der einst die Stille Nacht in einem Schützengraben 300 Kilometer vor Stalingrad verbringen musste, sondern auch Einwanderer und Auswanderer und Vertreter aller burgenländischen Volksgruppen.

Für Manfred aus St. Georgen begann Weihnachten schon Ende November. Seine Eltern verkauften nämlich Christbäume. Ihnen blieb immer nur der am wenigsten ansehnlichste. Die kahlen Stellen wurden einfach mit Lametta kaschiert.  (Bild: Reinhard Judt)
Für Manfred aus St. Georgen begann Weihnachten schon Ende November. Seine Eltern verkauften nämlich Christbäume. Ihnen blieb immer nur der am wenigsten ansehnlichste. Die kahlen Stellen wurden einfach mit Lametta kaschiert. 
Heidi aus St. Georgen nahm schon als Kind in ihrem Dorf bei „Herbergssuchen“ teil, die immer ab 13. Dezember neun Tage lang stattfanden. Seit der Corona-Pandemie wird diese alte Tradition nicht mehr gelebt.  (Bild: Reinhard Judt)
Heidi aus St. Georgen nahm schon als Kind in ihrem Dorf bei „Herbergssuchen“ teil, die immer ab 13. Dezember neun Tage lang stattfanden. Seit der Corona-Pandemie wird diese alte Tradition nicht mehr gelebt. 
Als Herbert aus St. Margarethen ein Kind war, kam auf den Wipfel des Christbaums kein Weihnachtsstern, sondern ein Papagei aus Schokolade. Fünf Mal in Folge holten sein Bruder und er den süßen Vogel mit der Schneeschaufel herunter. Fünf Mal fiel der ganze Baum um. Fünf Mal gab‘s deshalb auch ein paar auf den Hintern. (Bild: Reinhard Judt)
Als Herbert aus St. Margarethen ein Kind war, kam auf den Wipfel des Christbaums kein Weihnachtsstern, sondern ein Papagei aus Schokolade. Fünf Mal in Folge holten sein Bruder und er den süßen Vogel mit der Schneeschaufel herunter. Fünf Mal fiel der ganze Baum um. Fünf Mal gab‘s deshalb auch ein paar auf den Hintern.
Burgenlands Alt-Landeshauptmann Hans Niessl wuchs als Einzelkind einer Arbeiterfamilie in Zurndorf auf und schrieb jedes Jahr einen Brief ans Christkind. Tatsächlich gingen die meisten seiner Wünsche in Erfüllung. Besonders freute er sich über die Märklin-Eisenbahn, die auch seinen Vater und seinen Taufpaten begeisterte. (Bild: zVg)
Burgenlands Alt-Landeshauptmann Hans Niessl wuchs als Einzelkind einer Arbeiterfamilie in Zurndorf auf und schrieb jedes Jahr einen Brief ans Christkind. Tatsächlich gingen die meisten seiner Wünsche in Erfüllung. Besonders freute er sich über die Märklin-Eisenbahn, die auch seinen Vater und seinen Taufpaten begeisterte.
Für Diözesanbischof Ägidius Zsifkovics gehört zur Stillen Nacht auch der alljährliche Weihnachtsstreit: „Jede Kleinigkeit war groß genug, um Aufregung zu verursachen, die sich dann aber unter dem Leuchten der Christbaumkerzen schlagartig legte.“  (Bild: zVg)
Für Diözesanbischof Ägidius Zsifkovics gehört zur Stillen Nacht auch der alljährliche Weihnachtsstreit: „Jede Kleinigkeit war groß genug, um Aufregung zu verursachen, die sich dann aber unter dem Leuchten der Christbaumkerzen schlagartig legte.“ 

Auch Blinde und Taube, eine Nonne und ein Gefängniswärter sowie jede Menge prominente Landsleute sind dabei – etwa Altlandeshauptmann Hans Niessl, Diözesanbischof Ägidius Zsifkovics, Superintendent Robert Jonischkeit, Fernsehmoderatorin Elisabeth Pauer-Gerbavsits, Dorfmuseum-Chef Sepp Haubenwallner, der ehemalige Landespolizeikommandant Nikolaus Koch, der frühere Landesfeuerwehrkommandant Luis Kögl und die legendäre Stinatzer Eierkratzerin und Neo-Schauspielerin Anna Stipsits, ihres Zeichens Großmutter von Kabarettist und Bestseller-Autor Thomas Stipsits. Auch Daniela Danzer, die Tochter des verstorbenen Austro-Pop-Pioniers Georg Danzer, hat Posch interviewt. Sie ist die Einzige, die keinen Burgenland-Bezug hat.

Im jüngsten Bundesland Österreichs gibt es kein Weihnachten ohne Burgenländer-Kipferl. (Bild: zVg)
Im jüngsten Bundesland Österreichs gibt es kein Weihnachten ohne Burgenländer-Kipferl.

Etwas Besonderes unterm Christbaum
Keine Kurzgeschichte gleicht der anderen. Jede ist ein Unikat und entführt die Leser in ganz unterschiedliche Lebenswelten. Versüßt werden die Anekdoten mit burgenländischen Weihnachtskeksrezepten und Beiträgen über schon fast vergessene Bräuche in der stillsten Zeit des Jahres, die die Pöttschinger Historikerin Susanna Steiger-Moser beigesteuert hat.

„Wenn es mir gelingt, dass die Leute  – inspiriert von diesen herzlichen, bezaubernden, nachdenklich und manchmal auch traurig stimmenden Schilderungen – miteinander reden, habe ich meine Mission erfüllt“, sagt Posch, der in jedem Exemplar auch Platz für eine ganz persönliche Weihnachtsgeschichte frei gelassen hat. Somit bietet sich sein Werk auch wunderbar als Geschenk unterm Christbaum an.

Erhältlich ist „Wie war Weihnachten?“ in den Gemeindeämtern von Bad Sauerbrunn und Pöttsching um 15 Euro. Auch online kann man es bestellen: www.wiewarweihnachten.at

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