Der Konflikt zwischen Nationalratspräsident Walter Rosenkranz (FPÖ) und der jüdischen Gemeinde ist um ein Kapitel reicher. Der Freiheitliche legte im Streit um eine gescheiterte Kranzniederlegung zum Gedenken der November-Pogrome nach – und verstrickte sich in Widersprüchlichkeiten.
Doch von vorn: In seiner Rolle als Nationalratspräsident wollte Rosenkranz am 8. November am Judenplatz im Wien den Opfern der November-Pogrome gedenken. Daran scheiterte er aber krachend!
Eine Menschenkette der jüdischen Hochschülerschaft hinderte den Politiker daran, zum Shoah-Mahnmal vorzudringen. Rosenkranz tauchte am Judenplatz auf, obwohl er explizit nicht zur Gedenkveranstaltung der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) eingeladen wurde – und offenbar wusste, dass sich Protest formierte.
Was wusste Rosenkranz?
Was politische Beobachter als bewusste Provokation deuteten, findet Rosenkranz völlig übertrieben. „Alle falsch“ seien die Darstellungen, er hätte mit einer FPÖ-Delegation einen FPÖ-Kranz niederlegen wollen. „Gelogen“ sei auch die Darstellung, er hätte bewusst Streit gesucht, schimpfte Rosenkranz am Samstag in einem Interview mit dem Radiosender Ö1.
Videoaufnahmen des beschriebenen Vorfalls:
Nur um im selben Gespräch zu bestätigen, dass er sehr wohl über den Protest gegen seine Person am Judenplatz Bescheid wusste. Diese Informationen hätte er aber „sehr kurzfristig“ erhalten. Die Intensität des Widerstands sei erst vor Ort ersichtlich geworden. Auf Videoaufnahmen des Vorfalls war deutlich zu hören, dass er den friedlich demonstrierenden Juden Gewalt vorwarf. Rosenkranz zufolge habe er aber bewusst versucht, die Situation nicht eskalieren zu lassen: „Was glauben Sie, was das für ein Foto ergeben hätte, wenn in Anwesenheit eines Freiheitlichen Nationalratspräsidenten am Gedenktag der Pogrome Juden durch Polizeigewalt am Gedenken gehindert worden wären?“
Zu keinem Zeitpunkt hätte er einen Räumungsbefehl erteilt. Rosenkranz nehme zur Kenntnis, dass er eine Person sei, die in „bestimmten jüdischen Kreisen“ auf Widerstand stoße. Es sei ihm um ein Zeichen gegangen: „Dass das österreichische Parlament, das ist nicht irgendwer in dieser Republik, vertreten durch mich, für diese Schandtaten, die damals verübt worden sind, auch ein Gedenken abhält.“
Rosenkranz will sich nicht entschuldigen
Der Aufforderung seines Amtsvorgängers, Wolfgang Sobotka, sich zu entschuldigen, möchte er nicht nachkommen. Schon im Präsidentschaftswahlkampf 2022 war bekannt geworden, dass der damalige Kandidat Rosenkranz in einem Buch seiner deutschnationalen Burschenschaft unter anderem einen illegalen Nazi, dem dutzendfacher Mord vorgeworfen wird, als „Leistungsträger“ gelobt hatte.
Darin finde er durchaus einen „Fehler“, für mehr würde es aber nicht reichen: „Das Wort Entschuldigung habe ich nicht gesagt, ich würde es auch anders sehen.“ Denn der Nazi sei für den Mord an 44 Gefangenen nie verurteilt worden. Dass er für seine illegale NSDAP-Mitgliedschaft sehr wohl verurteilt wurde, „weiß ich jetzt mittlerweile“. Rosenkranz wirft Sobotka eine „kleine Flucht nach vorne“ vor, weil er dessen Ära „auch juristisch“ aufarbeiten wolle.
Streit um Nationalfonds-Vorsitz
Auch am Vorsitz des Nationalfonds für Opfer des Nationalsozialismus wünscht er trotz scharfer Kritik festzuhalten. Die IKG hatte angekündigt, nicht an Sitzungen teilzunehmen, denen auch Rosenkranz beiwohne. Das liege jedoch außerhalb seiner Handhabe, sagte Rosenkranz im Ö1-Journal weiter. „Im Kuratorium bin ich Kraft des Gesetzes der Vorsitzende“, und dort könne er sich auch nicht vertreten lassen.
Ob Rosenkranz sich vertreten lassen kann, war ein Thema der ersten Präsidiale dieser Legislaturperiode. Er beauftragte den Legislativdienst, dies zu klären. Denn „ohne eine Gesetzesänderung halte ich das Gesetz ein“, meinte Rosenkranz. Die Dritte Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) befand, dass er sich grundsätzlich vertreten lassen könne. „Das kann sein“, antwortete Rosenkranz.
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