Die „Salzburg Krone“ feiert heuer ihr 50-jähriges Bestehen. Der langjährige Chefredakteur Hans Peter Hasenöhrl blickt in seiner Serie auf bewegende Geschichten zurück. Teil 1, 1974-1984: Irre Projekte bedrohen die Stadt. Die neue „Salzburg Krone“ begleitet Herbert Fux von der Bürgerliste beim Kampf gegen die Zerstörung.
ZEITREISE
Mit voller Kraft schleudert die Frau von Landeshauptmann Hans Lechner eine Sektflasche gegen den Felsen des Mönchsbergs. Sie gibt damit den Startschuss zum Bau der Innenstadt-Garagen. Die ÖVP gewinnt 47,2 Prozent bei der Landtagswahl. Annemarie Pröll holt Gold bei der WM-Abfahrt. Giorgio Strehler inszeniert die „Zauberflöte“. Die Besitzer eines Telefonanschlusses in der Stadt freuen sich, dass sie erstmals ohne die Vermittlung gewünschte Nummern selbst erreichen können. Die unterirdische Bahn auf das Kitzsteinhorn bringt erste Passagiere zum Gletscher.
ANFÄNGE
Im Stadtteil Riedenburg plätschern in diesem Jahr 1974 Mitarbeiter der eben begonnenen Salzburg-Ausgabe der „Krone“ in der Mittagspause in den Wellen des Almkanals. Die Fürsterzbischöfe haben das Fluss-Bauwerk 1137 errichtet. An seinem Ufer befindet sich das Haus mit den knarrenden Holztreppen, in dem die Redaktion untergebracht ist. Gelegentlich tönen schrille Schreie der entnervten Sekretärin aus den Fenstern: Die Post-Leitung, mit der die auf einer Walze aufgezogenen und vorher in der Dunkelkammer entwickelten Fotos nach Wien übermittelt werden, ist zusammengebrochen. Der monströse brusthohe Telefax-Apparat schickt die auf Schreibmaschinen verfassten Manuskripte in die Druckerei im Pressehaus. Wenn es der Technik zu viel wird, lässt das Gerät mit einem Papierstau den Ablauf stoppen. In der Nacht transportiert ein Lastwagen die gedruckten Exemplare von Wien nach Salzburg und gelegentlich erscheint der freundliche Nachbar Gustav Zeilinger in der Redaktion: Der Gründer des Verbandes der Unabhängigen (VdU), des Vorläufers der Freiheitlichen, ist durch die Anlieferung wieder einmal aus dem Schlaf gerissen worden.
KONKURRENZ
Hans Dichand schickt seinen Lokalchef Hans Peter Hasenöhrl für eine Woche an die Salzach, um die mediale Situation zu erkunden. Neben den „Salzburger Nachrichten“ existieren noch das nationale „Salzburger Volksblatt“, das rote „Tagblatt“ und die ÖVP-„Volkszeitung“. Es funktioniere daher nur mit einem massiven Ausbau, berichtet er dem Herausgeber, so wie es in Oberösterreich und in der Steiermark erfolgreich praktiziert wurde. Und vielleicht einmal mit einer eigenen Druckerei.
TV-PLÄNE
Die strategischen Pläne von Hans Dichand sind der Zeit voraus: Er hat die Idee, vom bayrischen Fernseh-Mast am Högl bei Freilassing (und vom ungarischen Sender nahe Ödenburg für Wien) ein „TV-Austria“ als erstes privates terrestrisches Programm zu senden. Das Vorhaben scheitert am Spiel der Mächtigen. Ab 1980 kann Dichand über einen italienischen Privatsender die „Adria-TV-Krone-Nachrichten“ für die Urlauber zwischen Lignano und Jesolo ausstrahlen lassen.
ZERSTÖRUNG
Ein großer Mann im ultralangen Ledermantel, ein Gesicht wie vom Maskenbildner für die Rolle eines Bösewichtes modelliert, stößt immer öfter die Eingangstür in der Sinnhubstraße auf. Herbert Fux berichtet von irren Plänen: Verbauung der Hellbrunner Allee mit 12.000 Wohnungen, eine Satellitenstadt, Errichtung einer Süd-Schnellstraße mitten durch das Landschaftsgebiet Moos. Die „Krone“ gibt ihm Raum. Historiker Hans Sedelmayr schreibt das berühmte Manifest „Die demolierte Schönheit“, 20.000 protestieren schriftlich und 1977 ziehen Schauspieler Herbert Fux und Bäckermeister Richard Hörl für die Bürgerliste in den Gemeinderat ein. 1982 kann die Gruppierung sechs Mandate erreichen und die Grünland-Deklaration umsetzen, den immer währenden Schutz der Weltlandschaft. Eine Jahrhundert-Leistung.
PACKELEI
Unglaubliche Pakte der Parteien kommen ans Tageslicht: Schwarzbauten im Moos und am Mönchsberg werden je nach politischer Farbe Rot/Schwarz im Verhältnis 50:50 sanktioniert. Beim Friedhof enteignet der Magistrat den Acker von Bauern, lässt einen Teil umwidmen, doch begraben wird dort niemand: Einflussreiche Senatsräte mörteln ihre privaten Domizile auf. Eine knappe SPÖ/ÖVP-Mehrheit widmet das idyllische Badeparadies Schleinlacke in Gneis in Bauland um: Zwei große Villen entstehen. Die Bürger bleiben ausgesperrt.
MILLIONENSPIEL
Im Jahr 1975 gründet ÖVP-Landtagspräsident Hans Zyla die WEB, er verspricht hohe Renditen und geringes Risiko mit seinen Hausanteilscheinen. Damit legt Zyla den Grundstein für den ersten großen Finanzcrash im Land. Ein amtierender Salzburger Staatsanwalt wird sein juristischer Berater – dieser flüchtet nach dem Platzen des Skandals nach Deutschland und nimmt dort die Staatsbürgerschaft an. Eine Auslieferung ist damit unmöglich.
VERÄNDERUNG
Die „Krone“ wird diese seltsame Idylle mit einer unabhängigen, mutigen und parteifreien Berichterstattung sprengen. Salzburg wird sich massiv verändern. Manche politische Karriere wird abrupt enden – gelegentlich im Gefängnis. Denn es ist eine Irrmeinung, dass man ab einer gewissen gesellschaftlichen Seehöhe in diesem Land in absoluter Sicherheit ist.
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