Über 70 Prozent der Diskriminierungsmeldungen 2023 gingen bezüglich diskriminierender Behandlung im Gesundheitswesen ein. Und wirklich: Nahezu alle Betroffenen können von Personal berichten, das Datenschutzrichtlinien missachtete oder sie unprofessionell behandelte. Im Rahmen des Welt-Aids-Tags am 1. Dezember zeigt die Aidshilfe diese Missstände auf.
HIV-Positive, die nur einen Arzttermin spät am Abend erhalten, im Spital eine eigene Toilette benützen müssen oder Assistenten, welche durch das Wartezimmer laut den „HIV-Positiven“ ausrufen sowie jene, die nach einer Untersuchung die ganze Ordination desinfizieren oder Patienten, die im Rahmen eines Reha-Aufenthalts nur unter Bedenken zur Wassergymnastik gehen dürfen – die meisten Menschen mit HIV können solche diskriminierenden Geschichten erzählen.
Angst, sich anzustecken
„Auch wenn es sich um ausgebildetes Personal handelt, herrscht oft noch Unwissen zu Aids und HIV“, erläuterte Gynäkologin Dr. Mirijam Hall, Vorsitzende der „Aids Hilfe Wien“ auf einer Pressekonferenz. „Denn hier herrscht ebenso wie in vielen Teilen der restlichen Bevölkerung oft noch immer Angst, sich anzustecken – sogar, wenn in Österreich 98 Prozent der Betroffenen eine retrovirale Therapie erhalten, welche die Viruslast so unterdrückt, dass eine Weitergabe an andere verhindert wird.“
Unangenehme Situationen
Diskriminierung passiert oftmals auch unbewusst. Dr. Hall: „Viele Personen ahnen gar nicht, in was für unangenehme Situationen sie HIV-Betroffene bringen oder wie verletzend es sein kann, wenn jemand einen, angezogen mit zwei Paar Handschuhen, empfängt.“ Und weiter: „Wichtig wäre etwa auch, im Mutter-Kind-Pass nicht ,HIV-Test: negativ´, sondern ,durchgeführt´ zu vermerken, um dem Datenschutz gerecht zu werden und die Privatsphäre der Patientinnen zu wahren.“
Gezielte Aufklärung nötig
Daher bietet die „Aids Hilfe Wien“ (und andere Bundesländer) auch gezielte Aufklärung und (online) Fortbildungen für Bedienstete im Gesundheitspersonal an. Denn vermutet wird ebenfalls, dass das Thema in der Ausbildung junger Ärzte nicht mehr allzu präsent, und gleichzeitig der massive Fortschritt in der Behandlung noch zu wenig durchgedrungen ist.
Grundsätzlich muss die gesamte Aufklärungsarbeit verstärkt werden, wie die Ärztin weiter ausführte. „In der Schule sollten Jugendliche durch ausgebildete Lehrkräfte eine auf bestimmte Qualitätskriterien abgestimmte Sexualaufklärung erhalten. Ebenso wäre es vernünftig, Kondome gratis abzugeben – so wie etwa in finnischen Bildungseinrichtungen.“
Immer mehr Sexualkrankheiten
Aufklärung ist grundsätzlich wichtig, denn europaweit nehmen sexuell übertragene Infektionen (STI) wie Syphilis, Gonorrhö und Chlamydien besorgniserregend zu. „Ab 2026 kann man in unserem neuen ,Zentrum für sexuelle Gesundheit´ in der ,Aids Hilfe Wien´ daher nicht nur alle diesbezüglichen Tests durchführen lassen, sondern auch gleich eine Behandlung in Anspruch nehmen – auch bei HIV“, freut sich die Ärztin.
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