Reformbedarf

Theater-Gala: Das Gwirkst mit dem Nestroy!

Bühne
27.11.2024 06:00

Die 25. Verleihung der österreichischen Theaterpreise ging am vergangenen Sonntag über die Bühne des Wiener Volkstheaters – und wirft einmal mehr einige Fragen auf. Dass die Gala nur 43.000 Zuschauer zur besten Sendezeit vor den ORF-Bildschirm lockte, verwundert wenig.

(Bild: kmm)

Die Verleihung der Nestroy-Theaterpreise ist den Leuten, auf gut Wienerisch gesagt, wurscht, wie ein Blick auf die Quote der ORF-Live-Übertragung aus dem Wiener Volkstheater zeigt: nur 43.000 Zuschauer zur besten Sendezeit, ein magerer Marktanteil von 2,1 Prozent. Drinnen war das Haus gesteckt voll, die Branche feierte sich selbst. Eh schön!

Dass die Gala kaum interessiert, liegt aber nicht an der Theaterverdrossenheit, sonst wären Burgtheater & Co. leer. Nein, der Preis hatscht genauso wie alle anderen heimischen Awards, von Amadeus bis Romy. Ein typisch österreichisches Phänomen, denn da wie dort geht es um Befindlichkeiten, Macht, Einfluss und kulturpolitische Interessen.

Beim Nestroy hapert’s schon einmal bei den Kategorien: Da gibt es eine Auszeichnung für „Beste Schauspielerin“ und „Besten Schauspieler“. Nebendarsteller wird aber nur eine/r ausgezeichnet, ebenso wie in der Kategorie „Nachwuchs Schauspiel“. „Warum?“, fragt man sich. Wobei man froh sein kann, dass einem die Bezeichnung „Schauspielendes Wesen“ erspart bleibt.

„Bester Schauspieler“: der Deutsche Claudius von Stolzmann freute sich über seinen Nestroy (Bild: APA/GEORG HOCHMUTH)
„Bester Schauspieler“: der Deutsche Claudius von Stolzmann freute sich über seinen Nestroy
Die Linzerin Julia Edtmeier wurde in der Kategorie „Beste Schauspielerin“ ausgezeichnet (Bild: APA/GEORG HOCHMUTH)
Die Linzerin Julia Edtmeier wurde in der Kategorie „Beste Schauspielerin“ ausgezeichnet

Die nächste Irritation folgt bei der Kategorie „Bester Nachwuchs – Autor/in, Kostüme, Regie“. Nein, hier wird nicht die Eier legende Wollmilchsau gekürt, sondern man mixt Äpfel und Birnen mit Rüben und Ananas. Wie hier die Jury ein ausgewogenes Vergleichsurteil fällen konnte, bleibt ein Mysterium.

Stichwort Jury: Hier hat man offenbar Anleihe beim Vienna City Marathon genommen, denn handverlesene Theaterkritiker, sieben an der Zahl, bewerten über 1000 Aufführungen pro Jahr im deutschsprachigen Raum – das heißt jeder von ihnen sieht im Schnitt 143 Stücke: ein glatter Fall von giftiger Überdosierung.

Nur einen Nestroy gibt es in der Kategorie „Bester Nachwuchs Schauspiel“ – und der ging an Irem Gökçen (Bild: ORF/Günther Pichlkostner)
Nur einen Nestroy gibt es in der Kategorie „Bester Nachwuchs Schauspiel“ – und der ging an Irem Gökçen
Überraschung: Tom Neuwirth gewann für seine erste Schauspiel-Rolle des „Luziwuzi“ im Wiener Rabenhof-Theater den ORF-III-Publikumspreis (Bild: ORF/Günther Pichlkostner)
Überraschung: Tom Neuwirth gewann für seine erste Schauspiel-Rolle des „Luziwuzi“ im Wiener Rabenhof-Theater den ORF-III-Publikumspreis
Felix Mitterer bekam den Nestroy für sein Lebenswerk (Bild: ORF/Günther Pichlkostner)
Felix Mitterer bekam den Nestroy für sein Lebenswerk
Regie-Nestroy für  Kornél Mundruczó (Bild: ORF/Günther Pichlkostner)
Regie-Nestroy für  Kornél Mundruczó
Christoph Luser: Nestroy für „Beste Darstellung einer Nebenrolle“ (Bild: ORF/Günther Pichlkostner)
Christoph Luser: Nestroy für „Beste Darstellung einer Nebenrolle“

Toxisch ist auch, wenn man nicht weiß, wofür eine Auszeichnung genau steht – wie etwa bei der Kategorie „Spezialpreis“, die nach nicht verkäuflicher, Pardon, zuordenbarer Diskont-Supermarktware riecht.

Besonders unverständlich ist aber, dass die Königskategorie „Bestes Stück des Jahres“ aufgesplittet wird: Da gibt es die „Beste Aufführung im deutschsprachigen Raum“, bei der in diesem Jahr keine einzige (!) Inszenierung eines heimischen Theaters unter den Nominierten war. Echt jetzt? Dafür gibt es eine Auszeichnung in der Kategorie „Beste Bundesländer-Aufführung“, innerhalb der Wien (offenbar kein Bundesland bei den Nestroy-Machern) dann aber auch nicht dabei ist.

„Two in One“: Michael Maertens und Roland Koch wurden als eine Person nominiert, weil sie in „Der einsame Westen“ ein Brüderpaar spielen?! (Bild: Burgtheater/Matthias Horn)
„Two in One“: Michael Maertens und Roland Koch wurden als eine Person nominiert, weil sie in „Der einsame Westen“ ein Brüderpaar spielen?!

Dass man in der Kategorie „Bester Schauspieler“ Michael Maertens und Roland Koch als eine Person nominiert hat, sorgt überhaupt für ratloses Kopfschütteln.

Eine Reform des Nestroy, einer großartigen Idee, die auch kleine Theater ins wichtige Licht rückt, ist dringend anzuraten, denn sonst droht ihm das Aus durch Bedeutungslosigkeit.

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