Er habe sich in die Enge getrieben gefühlt. „Ich hatte Angst, eine Panikattacke“, da griff ein 27-jähriger Grazer zum Messer und zerschnitt seinem Kontrahenten (48), der ihn massiv provozierte, das Gesicht. Versuchter Mord oder doch Notwehr? Die Entscheidung der Geschworenen muss warten, Prozess wurde am Dienstag wegen weiterer Zeugen vertagt.
„Er hat ihn vorsätzlich zu töten versucht“, sagt Staatsanwalt Rudolf Fauler. Das Opfer erlitt eine 15 cm lange Wunde vom linken Mundwinkel über das Ohr bis zum Hinterhaupt. „Nur dank des notärztlichen Eingreifens und der operativen Versorgung hat der Mann überlebt“, so der Ankläger. „Es ist nur dem Zufall zu verdanken, dass nicht die Hauptschlagader getroffen wurde.“
Verantworten muss sich der unbescholtene 27-jährige Angestellte wegen versuchten Mordes. „Es war eine besoffene G‘schicht um ein Uhr in der Früh“, schildert der Staatsanwalt weiter. „Das Opfer ist den Angeklagten angegangen, hat ihn angestänkert und attackiert. Dann zog der dieses vermaledeite, mitgeführte Messer. Und er hielt es zumindest für möglich, dass der andere stirbt.“
Es war ein Schnitt aus einem Defensivverhalten heraus, aus Ängstlichkeit – und das war‘s!
Verteidiger Bernhard Lehofer
Bild: Christian Jauschowetz
„Keine Aggressivität gezeigt“
„Ja, das Messer hatte er leider eingesteckt“, sagt Verteidiger Bernhard Lehofer. Noch von der Arbeit, wo er oft Karton zerschneiden müsse. Dabei hat der Abend ganz normal begonnen. „Mein Mandant plauderte harmlos, sprach eine Gruppe an, hat keine Form von Aggressivität gezeigt. Ohne Grund begann das spätere Opfer ihn plötzlich zu provozieren. Er schlug und trat ihn, griff ihn an.“
Dann macht der 27-Jährige genau einen Schnitt. „Aus einem Defensivverhalten heraus, aus Ängstlichkeit – und das war‘s. Er wollte ihn nicht töten, nichts lag ihm ferner. Er hat eine Abwehrbewegung gesetzt, er fühlte sich in die Enge getrieben“, betont Lehofer.
Wenn Sie vor einem Hund Angst haben, gehen Sie ja auch nicht hin, sondern weg. Warum sind Sie nicht einfach gegangen?
Frage des vorsitzenden Richter Andreas Lenz an den Angeklagten
Bild: Christian Jauschowetz
Alles weggeworfen auf dem Blut war
Der Angeklagte selbst erinnert sich noch an die Panik und Angst, die er verspürte. Seine Kleidung und das Messer warf er nach der Tat weg. „Ich bin in Unterwäsche zu Hause angekommen.“ - „Warum haben Sie das gemacht?“, fragt der vorsitzende Richter Andreas Lenz. „Ich habe alles weggeworfen, auf dem Blut war.“ Ein paar Stunden später stellte sich der junge Mann, der wegen eines Traumas in der Kindheit unter Panikattacken leidet, der Polizei.
Ein Überwachungsvideo hat den ganzen Vorfall aufgezeichnet und wird vor Gericht auch vorgespielt. „Wann haben Sie das Messer gezogen?“, will der Richter wissen. „Als er mich gewürgt hat, glaube ich. Ich habe Schmerzen empfunden und Angst gehabt.“ – „Wenn Sie vor einem Hund Angst haben, gehen Sie ja auch nicht hin, sondern weg. Warum sind Sie nicht einfach gegangen?“ – „Ich hatte eine Panikattacke und er versperrte mir den Fluchtweg.“
Der Prozess wurde vertagt.
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