Die „Salzburg Krone“ feiert heuer ihr 50-jähriges Bestehen. Der langjährige Chefredakteur Hans Peter Hasenöhrl blickt auf bewegende Geschichten zurück. Teil 4 der Serie, 2004-2014: Gabis „Häfen-Rede“ mit Folgen. Neue Spekulationsaffäre sprengt alle Dimensionen. „Krone“-Werbelinie erregt Aufsehen.
APPLAUS
Über Wirkung und unerwünschte Wirkung von Interventionen lesen Sie das Gesetzbuch oder fragen Sie ihren Anwalt. Gabi Burgstaller beachtet den Beipackzettel nicht und die WEB-Affäre nimmt auch 2006 kein Ende. Bei einem Sparkassen-Empfang im Festspielhaus giert die Landeshauptfrau nach Zustimmung. Sie geißelt in ihrer Rede die Verurteilung von Bank-Managern, welche es geduldet haben sollen, dass WEB-Anteilsscheine in deren Geldinstitut verscherbelt wurden. Die Verurteilten sitzen im Saal, springen auf und applaudieren frenetisch. „No, da schau´n wir einmal,“ murmelt ein amüsierter Richter halblaut in den hinteren Rängen.
TATORT
Tage später fährt der frühere Vize-General der Sparkasse mit dem O-Bus in die Stadt. Plötzlich Szenen wie im „Tatort“: Mit quietschenden Reifen stellen sich zwei Funkstreifen quer. Die junge blonde Frau neben dem Generaldirektor ergreift fest seinen Arm. Dann führt ihn die Kriminalbeamtin vor den Augen verdutzter Passagiere aus dem Bus, er wird ins Landesgericht verfrachtet und sofort in die Strafanstalt Stein überstellt. Ein „demütigender Akt“, klagt er später.
SHOWDOWN
Es geht aber noch überdimensionaler. Die brodelnde Mega-Spekulationsaffäre in Salzburg platzt endlich. Wenige Minuten vor dem weihnachtlichen „Krone“-Schlagzeilen-Empfang am Mozartplatz: Der Landes-Vize und Finanzreferent ruft am Handy an, er muss sein Kommen absagen. Er habe eine Buchhalterin entlassen müssen, die mit Steuergeld spekuliert hat. Und dann auf Nachfrage mit zittriger Stimme: Kein kleiner Fall, es gehe leider um viele Millionen.
VERDUNKELT
Diese Zentralfigur wird als „Schatten-Frau“ landesweit bekannt werden. Es gibt viele Fotos von ihr, jeder Banker kennt sie, doch „Krone“-Top-Jurist Ernst Swoboda hat Bedenken. Gesicht verpixeln? Zu wenig. Oberkörper abdecken? Auch da könnte man sie identifizieren, sie habe einen exzellenten Anwalt. Da entsteht die Idee: Wir dunkeln sie im Fotoshop komplett ab. Die „Schattenfrau“ wird zu einer landesweit bekannten Figur.
MANÖVER
Ihr Vorgesetzter, der ÖVP-Hofrat der Finanzabteilung, kam durch Zufall (in Salzburg wird dies stets mit C und V geschrieben, der Abkürzung des Cartellverbandes) zu dem Job: Vorher leitete der Jurist ohne pädagogische Kenntnisse die Schulabteilung. Er mischt sich in die Geschäfte seiner Buchhalterin nicht ein, da er davon nichts versteht. Als begeisterter Militarist lässt er sich lieber für 22 Bundesheer-Manöver vom Dienst freistellen. Das Unfassbare kommt ans Tageslicht der „Krone“-Berichterstattung: Als die Kurse fallen, wirft die in Panik geratene „Schatten-Frau“ Derivate und Aktien im Wert von vielen Millionen auf den Markt. Da allein entstehen Verluste von 205 Millionen Euro. Insgesamt verursacht dieser Spekulationsskandal einen Gesamtschaden für den Steuerzahler von 530 Millionen Euro. Für die „Schattenfrau“ und den Manöver-Hofrat klicken die Fußfesseln.
TRÄNEN
Während sich der SP-Landesvize möglichst rasch in die deutsche Privatindustrie vertschüsst, hält „die rote Gabi“ wacker durch: Schluchzend bittet sie die Salzburger um Vergebung. Ihre Tränen erregen kaum Mitleid und so versinkt sie bei der Wahl. Das legendäre doppelseitige „Krone“-Foto mit der besiegten Landeschefin erregt die Gemüter. Wilfried Haslauer II. tritt sein Amt an.
VERRATEN
Aber der gurgelnde Strudel der Finanzgeschäfte zieht die SPÖ noch weiter in die Tiefe. Denn mit der Zeit fliegt alles auf. Bürgermeister Heinz Schaden entdeckt „hochgiftige“ Derivate (risikoreiche Finanzgeschäfte) in der Buchhaltung. Statt Anzeige zu erstatten und die Spekulation abzustellen, dreht er die Papiere seinem Genossen Othmar Raus im Land an. Wohl wissend, wie dort gezockt wird. Die Justiz nimmt den Leiter der IT im Magistrat in Gewahrsam, beschlagnahmt alle Laptops, sucht und findet sämtliche Mails zwischen den Politikern und klagt Schaden sowie Raus an. Die strenge Richterin teilt mehrjährige Strafen aus: Der Bürgermeister verliert sein Amt, er meldet sich brav im Gefängnis in Urstein und darf dann mit der Fußfessel durch seine Stadt radeln. Thomas Bernhard schrieb einmal: Salzburg wird bewohnt von Geschäftemachern und ihren Opfern.
WERBUNG
Es sind beinharte Berichte dieser Art, welche der „Salzburg Krone“ zum Erfolg verhelfen. Aber auch die Werbelinie erregt Aufsehen: Wochenlang klebt auf allen Salzburg-Milch-Packungen der Slogan „Guten Morgen mit der Krone“. Bei der Red Bull-Feier im Stadion verteilen wir tausende Meister-Teller aus Karton mit „Krone“-Aufdruck. Besucher von Konzerten im Festspielhaus freuen sich über 10.000 Mozart-Taschenbücher der „Krone“. Auf Bierdeckeln sowie auf den Servietten der Almhütten prangt das „Krone“-Logo ebenso wie auf den Anoraks unserer Skistars. Auch Aktionen sind es, bei denen wir – getreu dem Dichand-Motto im „Vorhof der Macht“- den Menschen in Not mit etwas Druck ein wenig helfen können. Primar Christian Menzel bekommt die Überdachung der verkehrsreichen Gaswerkgasse beim Spital, Kiefer-Chirurg Christian Krenkel den Ausbau seiner Klinik, Primar Wolfgang Sperl freut sich über die moderne Kinder-Abteilung.
MUT
Und immer wieder setzen wir uns für die bedrohte Umwelt ein: „Gebt nicht auf, kämpft weiter!“ macht der „Krone“-Aufmacher den Menschen im Großarltal Mut. Dort soll eine Lagerfläche für internationalen Müll eingerichtet werden. Hunderte legen sich mit ihren Kindern vor die bereits im Steinbruch aufgefahrenen Bagger. In letzter Minute wird ein Zusammenprall mit der Gendarmerie wie damals in der Au Hainburg verhindert. Die verhasste Deponie bleibt für alle Ewigkeit ein dunkles Kapitel der Geschichte.
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