Netanyahu warnt
Libanon: Waffenruhe in Kraft getreten
Nach mehr als einem Jahr Krieg zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah-Miliz gilt seit Mittwochfrüh eine Waffenruhe. Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu richtete eine Warnung an die vom Erzfeind Iran unterstützte Miliz: „Die Dauer der Waffenruhe hängt davon ab, was im Libanon geschieht.“
Bis kurz vor Inkrafttreten der von den USA und Frankreich vermittelten Waffenruhe hatte Israel besonders massive Angriffe auf die Hauptstadt Beirut und die südlichen Vororte durchgeführt. Überall in der Hauptstadt waren schwere Explosionen zu hören, wie eine Reporterin in der Nacht schilderte. Um 4.00 Uhr seien die Explosionen und das Donnern der Kampfflugzeuge dann verstummt. Auch die Hisbollah hatte zuvor weiter Raketen auf den Norden Israels abgefeuert, wo erneut die Sirenen heulten.
Die israelische Armee bombardierte auch einen libanesischen Grenzübergang zum Nachbarland Syrien. Das war aus libanesischen Sicherheitskreisen zu erfahren. Zwei Soldaten der syrischen Regierungstruppen seien getötet worden, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Nach Angaben der syrischen Staatsagentur SANA kamen sechs Menschen ums Leben – Zivilisten und ein Freiwilliger des Syrischen Roten Halbmonds.
Israels Armee äußerte sich nicht zu den Angriffen. Ziel der Angriffe ist nach Einschätzung der Beobachtungsstelle, Versorgungswege der libanesischen Hisbollah-Miliz zu kappen, die ihre Waffen laut Experten aus dem Iran unter anderem über Syrien bezieht. „Die Israelis versuchen, alle Wege zu zerstören, auf denen die Hisbollah Waffen aus Syrien schmuggelt“, sagte der Leiter der Beobachtungsstelle, Rami Abdul Rahman.
Rückzugsplan israelischer Bodentruppen
Die Schiiten-Miliz soll sich laut unbestätigten Medienberichten über die Abmachung zunächst hinter den Litani-Fluss etwa 30 Kilometer nördlich der faktischen israelisch-libanesischen Grenze zurückziehen. Danach sollten sich Israels Bodentruppen binnen 60 Tagen aus dem Libanon zurückziehen. Um eine Rückkehr von Hisbollah-Kämpfern zu verhindern, sollen Soldaten der libanesischen Armee, die am Krieg eigentlich nicht beteiligt ist, parallel zum israelischen Abzug im Grenzgebiet stationiert werden, wie ein ranghoher Vertreter der US-Regierung berichtete.
Die USA hätten nicht mit der Hisbollah über die Waffenruhe verhandelt, sondern mit der libanesischen Regierung, hieß es. Diese müsse nun die Verantwortung dafür übernehmen, was in ihrem Land passiere. Ob sie dazu angesichts der Schwäche des libanesischen Staates in der Lage sein wird, ist fraglich.
Israel behält „volle militärische Handlungsfreiheit“
Libanons geschäftsführender Ministerpräsident Najib Mikati forderte die sofortige Umsetzung der Abmachung. Überwachen soll die Waffenruhe Medien zufolge eine von den USA angeführte Staatengruppe mit Frankreich, dem Libanon, Israel und der UNO-Friedenstruppe UNIFIL, die seit Jahren im Libanon stationiert ist.
Die Überwachungskommission soll außerdem sicherstellen, dass sich die Miliz nicht neu bewaffnet. Israel reklamiert für sich das Recht, jederzeit im Libanon militärisch einzugreifen, falls die Hisbollah die Übereinkunft brechen sollte und die libanesische Armee sowie die internationale Staatengruppe untätig bleiben. „Mit dem vollen Einverständnis der USA behalten wir die volle militärische Handlungsfreiheit“, sagte Netanyahu. „Wenn die Hisbollah das Abkommen verletzt und versucht, sich zu bewaffnen, werden wir angreifen.“
Biden: „Auch Gaza verdient Ende der Kämpfe“
Ursprünglich wollte die mit der radikalislamischen Palästinensermiliz Hamas verbündete Hisbollah ihre Angriffe auf Israel nach eigenen Angaben erst beenden, wenn eine Waffenruhe in Gaza erreicht ist. Auf die Erfüllung dieser Bedingung verzichtete sie jetzt offenbar. Ein Ende des Kriegs mit der Hisbollah lasse die Hamas im Gazastreifen isoliert zurück, sagte Netanyahu. „Wir werden den Druck auf die Hamas erhöhen“, kündigte er am Abend an. Dies könne den Weg zu einer Vereinbarung über die Freilassung der rund hundert Geiseln ebnen, die noch immer im Gazastreifen vermutet werden – wobei unklar ist, wie viele von ihnen noch am Leben sind.
US-Präsident Biden setzt sich auch für eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas ein. „Genauso wie das libanesische Volk eine Zukunft in Sicherheit und Wohlstand verdient, verdienen auch die Menschen in Gaza eine Zukunft in Sicherheit und Wohlstand. Auch sie verdienen ein Ende der Kämpfe“, sagte er.
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