Ein „Umfeld der Unsicherheit“ macht der russischen Währung Rubel derzeit massiv zu schaffen. Seit Anfang August verlor er fast ein Viertel seines Werts. Das dürfte die wirtschaftliche Situation der Russen weiter verschärfen – droht doch jetzt, die Inflation noch stärker anzusteigen als ohnehin schon.
Der Kurs brach seither im Vergleich zum US-Dollar und dem chinesischen Yuan um mehr als 24 Prozent ein. Dem Datenanbieter LSEG zufolge mussten am Mittwoch 106,40 Rubel für einen Dollar bezahlt werden – um 0,86 Prozent mehr als am Vortag.
Weniger wert war der Rubel zuletzt im März 2022, dem ersten Monat nach Beginn des russischen Einmarschs in die Ukraine. Im Vergleich zum Yuan fiel er um 0,51 Prozent auf 14,74 und damit ebenfalls auf den niedrigsten Stand seit mehr als zweieinhalb Jahren.
Starke Rückgang kommt überraschend
Der starke Rückgang kommt für Ökonomen überraschend. Sie hatten Anfang November in einer Reuters-Umfrage erwartet, dass die russische Währung die 100er-Marke zum Dollar verteidigen würde. „Der Markt wartet auf die Reaktion der Finanzbehörden auf die Abwertung des Rubel“, erklärten die Analysten vom Broker BCS. Ihrer Ansicht nach ähnelten die Devisenkäufe „einer Panik in einem Umfeld der Unsicherheit“.
Zentralbank vor immenser Herausforderung
Die schwächelnde Landeswährung dürfte die Inflation in Russland anheizen. Denn Importe werden dadurch teurer. Die Zentralbank schätzt, dass eine Rubel-Abwertung um zehn Prozent die Inflationsrate um 0,5 Prozentpunkte erhöht. „Für die Zentralbank stellt dies eine Herausforderung im Kampf gegen steigende Preise dar“, sagte der Ökonom Jewgeni Kogan. Die Währungshüter versuchen gegenzuhalten, indem sie ihren Leitzins auf 21 Prozent heraufgesetzt haben - den höchsten Stand seit 2003.
Einige Analysten sagen nun voraus, dass der Rubel noch vor Jahresende auf einen Wert von 115 bis 120 zum Dollar abrutschen könnte. Um das zu verhindern, könnten etwa die Exporteure dazu gezwungen werden, mehr Devisen zu verkaufen.
Neue Sanktion bestärkten Kursverfall
Der jüngste Kursverfall des Rubels wurde durch die neuen Sanktionen gegen den russischen Finanzsektor verstärkt. Das führt Analysten zufolge zu Unterbrechungen von Zahlungen für den Außenhandel – insbesondere für Öl und Gas. Die meisten russischen Großbanken – darunter jetzt auch die Gazprombank - sind mittlerweile von US-Sanktionen betroffen und können daher keine Banktransaktionen in Dollar ausführen. Die einzige verbliebene Möglichkeit für sie, mit Devisen zu handeln, ist die Einfuhr großer Mengen an Dollar-Bargeld.
Kursfall, um Haushalt zu sanieren?
Finanzminister Anton Siluanow erkennt in der Rubel-Schwäche einen Vorteil. „Ich sage nicht, ob der Wechselkurs gut oder schlecht ist“, sagte er am Dienstag auf einer Finanzkonferenz in Moskau. „Ich sage nur, dass der Wechselkurs heute für Exporteure sehr, sehr günstig ist.“ Zudem hilft das der russischen Regierung dabei, mehr staatliche Einnahmen aus Energiesteuern und Exportzöllen zu erzielen.
„Der Hauptgrund für eine so deutliche Abschwächung ist unserer Meinung nach, dass diese erwünscht ist“, sagte Analyst Nikolai Dudschenko vom Finanzhaus Finam. „Der Wechselkurs ist sehr förderlich für den Ausgleich des Haushalts.“
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