Ein wegen Amtsmissbrauchs und Geschenkannahme angeklagter ehemaliger Bürgermeister ist am Mittwoch im Fall um eine fragwürdige Umwidmung zugunsten eines saudi-arabischen Prinzen mit einer Diversion davongekommen. Er muss 6000 Euro blechen. Im Zuge des Prozesses in Wels kam heraus, dass das Projekt offenbar politisch bis hinauf zur damaligen Staatsspitze gewünscht war.
Ein saudi-arabischer Prinz wollte einen Ferienwohnsitz in der Gemeinde im oberösterreichischen Seengebiet errichten. Ein namhafter Unternehmer aus der Region trat als Vermittler auf. Einem Landwirt wurde ein Grünlandgrundstück günstig abgekauft und danach umgewidmet. Da keinerlei Anbindung zum bestehenden Siedlungsgebiet bestand, behalf man sich damit, dass man das Projekt als Hotel bezeichnete und das Areal als Bauland mit Sonderbetrieb Tourismus widmete. Im Gegenzug zahlte der Prinz einmalig mehr als fünf Millionen Schilling (rund 364.000 Euro) und dann jährlich 500.000 Schilling (36.336,42 Euro) bzw. später 50.000 Euro per anno an die Gemeinde.
Anzeige von BH brachte Fall ins Rollen
Das Projekt war in der Region durchaus bekannt, es gab sogar Medienberichte dazu. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft erfuhr aber erst 2023 durch eine Anzeige der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck im Rahmen der Gemeindeprüfung davon. Sie erhob Anklage gegen einen ehemaligen Bürgermeister wegen Geschenkannahme und Amtsmissbrauch. Die Tourismuswidmung sei „vorgeschoben“ und das Anwesen ein Zweitwohnsitz gewesen, so der Anklagevertreter.
Eindeutige Expertise des Naturschutzgutachters
Zu diesem Schluss kam auch ein Naturschutzsachverständiger aus dem Raumordnungsverfahren: Er sah eine Umgehung der Raumordnungsbestimmungen, indem man das Areal als Hotel widmete, obwohl es aus seiner Sicht ein Zweitwohnsitz gewesen sei. Das Ergebnis seiner Expertise war „eindeutig“, erinnerte er sich. Aus Sicht des Naturschutzes sei das Projekt „als massiver Eingriff ins Landschaftsbild negativ zu beurteilen“ gewesen. Warum es dann dennoch umgesetzt wurde, wollte der Richter wissen. Antwort: Dass die Aufsichtsbehörde bei negativen Naturschutzstellungnahmen trotzdem Projekte durchgewunken habe, sei keine Seltenheit gewesen. In diesem Fall habe man sich auf wirtschaftspolitische und staatspolitische Interessen berufen.
Offenbar politische Rückendeckung bis zur Staatsspitze
Am ersten Prozesstag war klar geworden, dass der damals zuständige Landeshauptmannstellvertreter Christoph Leitl (ÖVP) die Sache nicht selbst entscheiden wollte, sondern in die Landesregierung einbrachte. Dort wurde die aufsichtsbehördliche Genehmigung erteilt. Der ursprüngliche Geschäftsführer der „Hotel“-Firma, der auch geholfen hat, den Grundstücksdeal einzufädeln, beichtete, der Prinz habe damals ein großes Grundstück mit Blick auf den Mondsee und abgeschirmt von der Öffentlichkeit gesucht. So etwas gebe es auf dem freien Markt nicht. „Da habe ich angefangen, einen Bauern nach dem anderen zu befragen, ob es eine Möglichkeit gibt“ und sei an den Vorbesitzer geraten. Dann habe der bekannte Unternehmer übernommen.
Von Schlüssel bis Klestil waren alle informiert
Der Zeuge schilderte das Projekt sehr positiv und ebenfalls als politisch gewünscht: „Vom Außenministerium, Doktor Schüssel (Wolfgang, ÖVP, Anm.)“ bis hin zum damaligen Bundespräsidenten Thomas Klestil seien „alle informiert“ gewesen. Das Außenministerium habe sich auch einmal eingeschaltet, als es Zoll-Probleme mit dem Gepäck der Gäste gegeben habe. Wer konkret hier auf Urlaub gewesen sei, dürfe er aufgrund einer Geheimhaltungsverpflichtung nicht sagen, es seien aber etwa ein Verteidigungsminister von Saudi-Arabien hier gewesen oder die Schwester des Königs.
Gericht bot Diversion an
Das Gericht bot dem Ex-Ortschef angesichts der Ergebnisse des Beweisverfahrens eine Diversion an, wenn er die Verantwortung übernehme – das tat der Angeklagte – und eine Geldbuße von 6000 Euro zahle. „Wir haben alle gesehen, dass hier etwas Verbotenes gemacht wurde. Für Umwidmung wird Geld geboten, sehr viel Geld“, sagte der Oberstaatsanwalt. Der Angeklagte habe das nicht initiiert, „er hat da mitgemacht“. Dennoch wolle er sich einer Diversion „nicht verschließen“. Der Verteidiger wies darauf hin, dass sein Mandant im Gegensatz zu anderen Beteiligten „eigentlich gar kein Geschäft gemacht hat. Er hat alles nur gut gemeint“.
Offiziell vertagt
Die Verhandlung wurde daraufhin offiziell bis zum Eingang der Zahlung vertagt. Wenn der Ex-Bürgermeister die Geldbuße bezahlt, wird das Verfahren gegen ihn eingestellt.
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