Soll ich wirklich über ein zehn Tage altes Mädchen schreiben, das von seiner Mutter getötet wurde? Steht es mir zu, in dieser Kolumne zu urteilen? Natürlich nicht. Dennoch erlaube ich mir, meine Gedanken mit Ihnen zu teilen.
Meleks Mutter habe ihr Kind aus Verzweiflung getötet, war zu lesen, die Familien der Eltern waren verfeindet und gegen die Verbindung.
Vor 40 Jahren habe ich das Theaterstück „Geschichten aus dem Wienerwald“ im Deutschunterricht gelesen. Darin stellt die Großmutter das Bett des unehelichen Kindes ihrer Enkelin zum offenen Fenster. Der Bub ist gestorben. Für die alte, streng katholische Frau war die Tat vor Gott gerechtfertigt. War es doch ein „Kind der Schande“: „Der Herrgott gibt’s, der Herrgott nimmt’s!“ Wir Schülerinnen waren entsetzt. Die Zeit, in der uneheliche Kinder in Österreich als Zeichen der Sünde galten, lag in meiner Jugend nicht lange zurück. Diese grausamen Denkweisen gehören nun der Vergangenheit an, dachte ich jedenfalls.
Keine eigenen Lebensentwürfe
Heutzutage unterrichte ich fast ausschließlich Schüler aus konservativ- muslimischen Familien und beobachte andere Entwicklungen: Ihnen ist das Glück der eigenen Kinder, vor allem jenes der Töchter, meist nicht so wichtig wie die „Familienehre“. Eigene Lebensentwürfe werden diesen Mädchen häufig verwehrt.
Gut, dass allein ein Gericht über Meleks Mutter und ihre Familie urteilt. Eines muss jedoch klar gemacht werden: Im heutigen Österreich darf kein uneheliches Kind mehr die Ehre einer Familie beschmutzen.
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