Panikattacken, Suizidgedanken, Albträume, Magersucht. Und das alles, wegen einer angeblichen Vergewaltigung, die die Tante des zum damaligen Zeitpunkt 16-jährigen Opfers nicht verhindert hatte. Diese musste sich am Freitag am Landesgericht Feldkirch verantworten.
Der Fall liegt bereits sechseinhalb Jahre zurück. Doch erst Jahre nach den angeblichen Vergewaltigungen kam es zur Anzeige. Aber nicht etwa von Seiten des mutmaßlichen Opfers – es war vielmehr die 30-jährige Tante, die zur Polizei ging, da das Mädchen ihr nach einem flotten Vierer im März 2018 plötzlich vorwarf, damals von den beiden Sexpartnern vergewaltigt worden zu sein. So habe die Tante die Vergewaltigung weder verhindert noch Hilfe geholt. Stattdessen soll die Frau Kondome bereitgestellt und dem Opfer gesagt haben, es solle sich nicht „so dumm anstellen“.
Die Ermittlungen kamen folglich ins Rollen, ein Verfahren gegen die Tante wurde eingeleitet und die Causa im August vergangenen Jahres vor dem Einzelrichter verhandelt. Mit dem Ergebnis, dass nach der kontradiktorischen Einvernahme des Opfers der Verdacht im Raum stand, die angeklagte Tante könnte sich durch das Bereitstellen der Kondome und ihre Aussage, sie solle sich nicht so anstellen, als Beitragstäterin einer Vergewaltigung schuldig gemacht haben. Was als Verbrechen gilt und daher vor dem Schöffensenat verhandelt werden muss.
„Es war einfach nur Gruppensex“
Dies ist nun am Freitag geschehen. Im Prozess blieb die Angeklagte bei ihren bisherigen Angaben. Es habe keine Vergewaltigung stattgefunden, behauptet diese. Es sei „einfach nur Gruppensex“ gewesen und vor allem freiwillig. Man sei auch zwischendurch eine Zigarette rauchen gegangen und habe anschließend die Partner getauscht. Die Nichte hätte jederzeit die Wohnung verlassen können, so die Tante.
Diametral dazu steht die Aussage des kontradiktorisch einvernommenen Opfers, das behauptet, mehrmals geäußert zu haben, keinen Sex zu wollen. So habe einer der Männer sie zunächst zum Oralverkehr gezwungen. Nach der Rauchpause im Wohnzimmer habe der andere sie an den Haaren wieder ins Schlafzimmer der Tante gezogen, wo sie aufgrund ihrer Gegenwehr fast bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt und schließlich zum Geschlechtsverkehr gezwungen worden sei.
Die Mutter wusste Bescheid
Als die Mutter des Opfers, eine Autorin für schlüpfrige Groschenromane, aussagt, ihre Tochter habe ihr am Tag darauf von den Geschehnissen in der Wohnung der Tante im Untergeschoss des gemeinschaftlichen Hauses erzählt, hakt Richterin Silke Wurzinger nach: „Warum haben Sie dann ihre Schwester nicht sofort mit den Vorwürfen konfrontiert und sie zur Rede gestellt?“ Worauf die Zeugin angibt, dies ihrer Tochter versprochen zu haben: „Meine Tochter sagte, meine Schwester habe ihr mit schweren Konsequenzen gedroht und dass sich die Sache wiederholen würde, sollte sie jemandem davon erzählen. Die Männer wüssten, wo sie wohne.“ Dazu gab die angeklagte Tante zu Protokoll: „Mir war der flotte Vierer mit meiner Nichte und den beiden Männern einfach peinlich. Daher wollte ich auch nicht, dass sie die Sache weitererzählt.“
Mir war der flotte Vierer mit meiner Nichte und den beiden Männern einfach peinlich. Daher wollte ich auch nicht, dass sie die Sache weitererzählt.
Die Angeklagte vor Gericht
Freispruch aufgrund vieler Ungereimtheiten
Dass zwischen der angeblichen Vergewaltigung und der Anzeige Familienfeste miteinander gefeiert wurden und das vermeintliche Opfer der angeklagten Tante über WhatsApp Bussi-Emojis schickte, war für Rechtsanwältin Andrea Concin, die die Angeklagte verteidigte, nicht nachvollziehbar. Zu dieser Auffassung kam am Ende auch der Schöffensenat, der die Tante vom Vorwurf der Beitragstäterschaft freisprach. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
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