So kam er frei

Jemen: Nachbar Oman hat Lösegeld für Wiener bezahlt

Österreich
10.05.2013 17:29
Bei der Befreiung des Österreichers Dominik Neubauer (Bild Mitte, vorne) nach 139 Tagen Geiselhaft im Jemen soll Lösegeld geflossen sein. Ein hochrangiger Vertreter der jemenitischen Sicherheitsbehörden sagte, die Entführer hätten für die Freilassung Geld gefordert. Dieses soll Jemens Nachbarland Oman für Neubauer und das ebenfalls verschleppte finnische Pärchen (im Bild hinter Neubauer) bezahlt haben. Bei der Entführung hatte laut jemenitischen Angaben das Terrornetzwerk Al-Kaida seine Finger im Spiel.

Die Entführer hätten die drei Europäer während der fünfmonatigen Gefangenschaft in verschiedene Stammesregionen im Jemen gebracht, teilte die jemenitische Regierung mit. Zuletzt seien die Geiseln im Gebiet des Hawf-Stammes an der Grenze zwischen dem Jemen und dem Oman festgehalten worden. Auf Druck des Oman, der in diesem Fall vermittelte, habe sich der Stamm schließlich gegen die islamistischen Entführer aus dem Umfeld von Al-Kaida gewendet, berichtete die "Yemen Times" am Freitag.

Die Entführer seien nun im Gewahrsam der jemenitischen Behörden, so die Zeitung weiter. Über die Höhe des angeblich vom Oman bezahlten Lösegeldes machte die Quelle aus jemenitischen Sicherheitskreisen keine Angaben.

Spindelegger: "Humanitäre Lösung" ohne Lösegeld
Offizielle Stellen in Österreich und Finnland stellten in Abrede, dass Geld geflossen sei. Außenminister Michael Spindelegger (Bild links) betonte am Freitag, dass an Österreich keine unmittelbaren Forderungen gestellt worden seien. Man habe sich bemüht, eine "humanitäre Lösung" ohne die Zahlung von Lösegeld zu finden. "Das ist uns auch gelungen", so Spindelegger, der dem Sultan des Oman, Qaboos bin Said Al Said (Bild rechts), für seine Vermittlung dankte.

Abstimmung in der Infobox: Glauben Sie, dass kein Lösegeld geflossen ist?

Spindelegger betonte, dass die Sicherheit und die Unversehrtheit von Neubauer für Österreich immer im Mittelpunkt der Bemühungen gestanden seien. "Wir haben alle uns zur Verfügung stehenden politischen Kanäle und diplomatischen Möglichkeiten genützt, um konsequent in Richtung einer Lösung dieses Falles zu arbeiten." Im ORF-"Morgenjournal" sprach der Außenminister von einem "sehr komplizierten" und "lange dauernden" Fall.

Terror-Experte hält Lösegeld für wahrscheinlich
Der deutsche Terrorismusexperte Rolf Tophoven hält es für wahrscheinlich, dass bei der Befreiung der drei Europäer Lösegeld geflossen ist. "Durchaus glaubhaft ist, dass der Oman als Vermittler eingeschaltet wurde, um diesen Deal im Auftrag der österreichischen Regierung durchzuführen", sagte Tophoven am Freitag. "Regierungen können grundsätzlich nie zugeben, dass sie mit Terroristen verhandeln", so der Experte.

Berichte, wonach die Entführer Al-Kaida-Kämpfer gewesen seien, hält Tophoven für weniger glaubwürdig. Es habe keine politischen Forderungen gegeben, hingegen habe man Lösegeld verlangt. "Der Student war Opfer einer kriminellen Vereinigung", zeigte sich der Direktor des Instituts für Krisenprävention in Essen überzeugt.

Regierungsspitze: "Ein Tag der Erleichterung"
In Österreich herrschte derweil Freude über die Freilassung der Geiseln. "Wir freuen uns mit der Familie Dominik Neubauers, dass die langen Monate der Ungewissheit nun ein Ende gefunden haben und dass es uns gelungen ist, die sichere und gesunde Rückkehr des Österreichers in die Heimat zu erreichen", erklärten Spindelegger und Bundeskanzler Werner Faymann am Donnerstagabend nach der Ankunft des Trios in Wien-Schwechat. "Heute ist ein Tag der Erleichterung", hieß es weiter.

Nach der Landung am Flughafen wurden die Befreiten zunächst zur Behandlung ins Heeresspital in Wien-Stammersdorf gebracht. Die beiden Finnen wurden Freitag früh in ihre Heimat ausgeflogen, Neubauer wird weiterhin in Stammersdorf medizinisch und psychologisch betreut. Laut offiziellen Angaben geht es ihm "den Umständen entsprechend gut".

Wird Neubauer zur Kasse gebeten?
Das Außenministerium in Wien prüft unterdessen auch, ob Neubauer zur Kasse gebeten werden kann. Seit der Einführung des Konsulargebührengesetzes müssen Abenteuerurlauber, die sich - trotz Reisewarnung - ins Ausland begeben und dort "grob schuldhaft" Opfer einer Entführung werden, für eine Rettungsaktion zahlen.

Anlass für die Einführung des Gesetzes war die Entführung des österreichischen Paares Barbara Meisterhofer und Peter Schurz im Jemen im Jahr 2006. Die Höchstsumme für eine individuelle Beteiligung wurde auf 50.000 Euro festgelegt. Derzeit gibt es Reisewarnungen für insgesamt 34 Länder weltweit, unter anderem auch für den Jemen.

Finnen hatten Aufgaben bei Armee und Ölkonzern
Am Freitag wurden auch neue Details über Neubauers finnische Mitgefangene bekannt. Das Paar war laut dem Boulevardportal "Ilta-Sanomat" kein unbeschriebenes Blatt. So haben Atte und Leila Kaleva einen Offiziersrang in der finnische Armee inne, die Frau ist bei einem finnischen Erdölkonzern tätig.

Der 1979 geborene Atte Kaleva ist laut dem Bericht Ausbildner für Auslandseinsätze finnischer Soldaten. Er sei allerdings seit vergangenem Sommer dienstfrei gestellt. Seine Doktorarbeit soll Kaleva über politische Radikalisierung geschrieben haben. Kalevas um drei Jahre ältere Ehefrau Leila ist Reserveoffizierin und ausgebildete Armee-Flugzeugtechnikerin. Im Zivilberuf arbeitet sie als Führungskraft bei einem finnischen Erdölkonzern.

Bei einer Pressekonferenz in der Heimat äußerte sich das Paar am Freitagnachmittag zu der Geiselnahme und erklärte, von den Kidnappern gut behandelt worden zu sein. "Essen und Wasser waren gut und wenn nötig bekamen wir Medikamente."

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