Kämpfe in Syrien

Rebellenvorstoß: Iran und Russland äußerst besorgt

Außenpolitik
30.11.2024 20:24

Vor acht Jahren konnte die Armee Stadt Aleppo im Norden Syriens von den Rebellen zurückerobern. Nun sind die Islamisten wieder zurück und breiten sich mit einer Blitzoffensive weiter aus. Der syrische Ableger des Terrornetzwerkes Al-Kaida, Hayat Tahrir al-Sham (HTS), und seine Verbündeten kontrollieren mittlerweile den größten Teil der Stadt. Der Iran und Russland zeigen sich wegen der jüngsten Eskalation äußerst besorgt und sehen die USA als Drahtzieher.

Wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mitteilte, hat sich die Armee von Machthaber Bashar al-Assad vom Flughafen am südöstlichen Rand von Aleppo zurückgezogen. Nun hätten die Dschihadisten dort die Kontrolle übernommen. Die Angaben der in Großbritannien ansässigen Beobachtungsstelle (OSDH), die über ein Netzwerk verschiedener Quellen in Syrien verfügt, sind von unabhängiger Seite schwer zu überprüfen. Es ist demnach das erste Mal, dass die dschihadistischen Rebellen die Gewalt über eine derartige Anlage in dem Bürgerkriegsland haben.

Syrien-Experte: „Ein absoluter Kollaps“
Außerdem kontrollierten die Kämpfer mittlerweile „Dutzende“ strategisch bedeutende Orte in den Provinzen Idlib und Hama, hieß es weiter. Bei ihrem Vormarsch dort seien sie auf „keinerlei Widerstand“ gestoßen, erklärte die Beobachtungsstelle. Der Syrien-Experte Charles Lister schrieb auf X, es erscheine gut möglich, dass die Oppositionskräfte innerhalb der nächsten 24 Stunden einen Großteil der Provinzen Hama und Aleppo einnehmen könnten.

 Er bezeichnete die aktuellen Entwicklungen als ein „Erdbeben“ in den 14 Jahren des syrischen Bürgerkriegs. Präsident Assad sehe anfälliger aus als je zuvor. „Ein absoluter Kollaps“, schrieb Lister. In Aleppo stünden mittlerweile „Regierungszentren und Gefängnisse“ unter der Kontrolle der Dshihadisten, gab die Beobachtungsstelle an. Der Iran erklärte, „bewaffnete terroristische Gruppen“ hätten die dortige Botschaft angegriffen, das Personal befände sich jedoch in Sicherheit.

Nach Vertreibung seiner Armee demontiert ein islamistischer Rebell in Aleppo ein Plakat von Präsident Bashar al-Assad. (Bild: APA/AFP/Mohammed AL-RIFAI)
Nach Vertreibung seiner Armee demontiert ein islamistischer Rebell in Aleppo ein Plakat von Präsident Bashar al-Assad.

Iran sieht „Plan Israels und der USA“
Die iranische und auch die russische Führung, die zu Verbündeten Assads zählen, zeigten sich über die jüngste Eskalation äußerst besorgt. Die gemeinsamen Anstrengungen zur Stabilisierung der Lage in Syrien müssten nun intensiviert werden, hieß es nach einem gemeinsamen Telefonat der Außenminister der beiden Staaten, Sergej Lawrow und Abbas Araqchi. Letzterer sagte staatlichen iranischen Medien zufolge in dem Telefonat, die Angriffe der Rebellen seien Teil eines „Plans der USA und Israels zur Destabilisierung der Region“. Der iranische Chefdiplomat werde am Sonntag nach Syrien reisen und danach in die Türkei. Die Regierung in Ankara steht im syrischen Bürgerkrieg aufseiten der Rebellen.

Der Überraschungsangriff der islamistischen Gruppe HTS ist der schwerste seit Jahren im syrischen Bürgerkrieg, in dem die Fronten seit 2020 weitgehend eingefroren waren. In dem seit 2011 andauernden Krieg wurden Hunderttausende Menschen getötet und viele Millionen vertrieben. Die meisten größeren Kämpfe wurden vor Jahren eingestellt, nachdem der Iran und Russland Assad geholfen hatten, die Kontrolle über den größten Teil des Landes und alle größeren Städte zurückzugewinnen.

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