Lage spitzt sich zu

Georgiens Präsidentin will nicht abtreten

Die Opposition behauptet, die Wahl sei „gestohlen“ worden. Nun hat die georgische Regierung erklärt, die Beitrittsgespräche mit der EU auf Eis zu legen. Gewaltsame Massenproteste sind die Folge. Die politische Krise spitzte sich am Samstag weiter zu. Die proeuropäische Präsidentin Salome Surabischwili bezeichnete die Regierung am Samstag als „nicht rechtmäßig“ und erklärte, sie werde trotz ihrer im Dezember endenden Amtszeit auf ihrem Posten bleiben.  

Surabischwili sagte in einer Ansprache, das Parlament habe kein Recht, einen Nachfolger für sie zu wählen, wenn ihre Amtszeit im Dezember ende. Sie werde daher im Amt bleiben. Die Präsidentin und andere Regierungskritiker haben das Ergebnis der Parlamentswahl von Ende Oktober als gefälscht bezeichnet, bei der die russlandfreundliche Partei Georgischer Traum fast 54 Prozent der Stimmen erhalten hatte. Surabischwili betonte am Samstag, es gebe kein legitimes Parlament, „und deshalb kann ein illegitimes Parlament keinen neuen Präsidenten wählen“. Ihr Mandat bleibe bestehen, bis ein rechtmäßig gewähltes Parlament gebildet sei.

Die ukrainische Flagge als Erinnerung an die ukrainischen Maidan-Proteste und die EU-Flagge als Ziel der georgischen Revolte  (Bild: APA/AFP/Giorgi ARJEVANIDZE)
Die ukrainische Flagge als Erinnerung an die ukrainischen Maidan-Proteste und die EU-Flagge als Ziel der georgischen Revolte 

Ministerpräsident: Werden keine Revolution zulassen
Der prorussische Ministerpräsident Irakli Kobachidse erklärte indes, Georgien werde keine Revolution zulassen, wie es die Ukraine im Zuge der Maidan-Proteste 2014 erlebt hatte. Damals wurde der vom Kreml protegierte Präsident Viktor Janukowitsch gestürzt. Dem georgischen Innenministerium zufolge wurden seit der Nacht auf Samstag 107 Personen in der Hauptstadt Tiflis festgenommen, als Pro-EU-Demonstranten Barrikaden entlang der zentralen Rustaweli-Allee errichteten und Feuerwerkskörper auf die Bereitschaftspolizei warfen. Diese hatte sie mit Wasserwerfern und Tränengas auseinandergetrieben.

Am Samstagabend versammelten sich erneut Tausende Demonstranten in Tiflis. Vor dem Parlament schwenkten sie Fahnen Georgiens und der EU. „Meine Zukunft hängt davon ab, was Georgien genau jetzt tut“, sagte die 22-jährige Anna Kaulaschwili der Nachrichtenagentur AFP. Die Polizei zog zahlreiche Kräfte zusammen.

Die Wasserwerfer stehen bereit und kommen auch reichlich zum Einsatz. (Bild: AFP/Giorgi Arjevanidze)
Die Wasserwerfer stehen bereit und kommen auch reichlich zum Einsatz.

Neues Wahlverfahren kommt erstmals zur Anwendung
Die Nachfolgerin oder der Nachfolger der regierungskritischen Präsidentin Surabischwili soll erstmals nicht mehr direkt vom Volk, sondern von einer 300-köpfigen Wahlversammlung aus 150 Parlamentsabgeordneten sowie Lokal- und Regionalvertretern bestimmt werden. Das neue Wahlverfahren war 2017 im Rahmen einer von der Partei Georgischer Traum vorangetriebenen Verfassungsreform verabschiedet worden.

Aufgrund des Verfahrens gilt als ausgemacht, dass das neue Staatsoberhaupt auf der Linie der Partei von Regierungschef Kobachidse liegen wird. Der neue Staatschef soll nach Parlamentsangaben am 29. Dezember sein Amt antreten, die Amtszeit dauert fünf Jahre.

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