Der überraschende Rücktritt von Stellantis-Chef Carlos Tavares hat nicht nur die Belegschaft des Autobauers überrascht. Die italienische Regierung fordert nun eine Erklärung. Fiat-Erbe John Elkann soll vor das Parlament treten – hatte darauf in der Vergangenheit aber keine Lust.
Die Regierungsparteien fordern, dass Verwaltungsratschef, John Elkann, vor dem Parlament über die Zukunftsaussichten der Stellantis-Werke in Italien berichte. „Der Übergang zum neuen Management erfordert Verantwortung, die Sicherung der Arbeitsplätze und Kompetenzerweiterung. Deshalb ist es umso wichtiger, dass John Elkann so bald wie möglich ins Parlament kommt, um über die Zukunft von Stellantis zu berichten“, so „Fratelli d‘Italia“-Fraktionschef Tommaso Foti.
Die Lega um Vizepremier Matteo Salvini kritisierte Tavares' Führung bei Stellantis. „Wir sind neugierig zu erfahren, wie viel Geld Tavares als Prämie für seine katastrophale Führung bei Stellantis kassieren wird“, kommentierte die Lega. Auch die stärksten Gewerkschaften erklärten sich über die plötzliche Wende bei Stellantis besorgt.
Verhältnis seit Monaten angespannt
Die Beziehungen zwischen der italienischen Regierung und Stellantis sind seit Monaten angespannt. Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hatte Elkann zuletzt Respektlosigkeit gegenüber dem Parlament vorgeworfen. Elkann hat sich im Oktober mit seinem Beschluss, vor dem Parlament in Rom nicht über die Pläne seiner Unternehmen zur Autoproduktion in Italien zu berichten, viel Kritik eingehandelt.
Der Fiat-Erbe folgte nicht dem Aufruf der Industriekommission der Abgeordnetenkammer, die ihn gebeten hatte, vor den Parlamentskammern in Rom über die künftige Stellantis-Strategie in Italien zu referieren, nachdem Gerüchte über mögliche Schließungen von Fabriken kursiert waren. Damit zog er sich viel Kritik zu, auch seitens der Ministerpräsidentin.
Die Parteien bezeichneten Elkanns Beschluss, nicht vor dem Parlament zu erscheinen, als „respektlos“. Der Unternehmer erklärte sich zwar zu einem „offenen und respektvollen Dialog“ mit den italienischen Institutionen bereit, betonte jedoch, dass er vorerst keine Neuigkeiten zu berichten habe und dass er bereits Gespräche mit dem Industrieministerium in Rom führe.
Zehntausende Jobs in Gefahr
Rund 70.000 Jobs sind in Italien laut Gewerkschaften wegen des Aus für die Verwendung von Verbrennungsmotoren in Neuwagen ab 2035 gefährdet. Die Autoindustrie in Italien, die immer noch weitgehend auf die traditionelle Verbrennertechnologie ausgerichtet ist, beschäftigt laut Branchenverband Anfia direkt oder indirekt mehr als 270.000 Menschen und erwirtschaftet mehr als 5 Prozent des italienischen Bruttoinlandprodukts (BIP).
Die Verkäufe vollelektrischer Autos in Italien sind den Angaben zufolge im vergangenen Jahr um 27 Prozent gesunken und machten nur 3,7 Prozent der gesamten Neuzulassungen aus.
Wackelt nächster Gigant der Branche?
Die Gewerkschaften schätzen, dass ohne Gegenmaßnahmen mindestens 12.000 Arbeitsplätze alleine in den Stellantis-Werken gefährdet seien und ebenso viele, wenn nicht mehr, in den Werken, die Komponenten herstellen. Die Regierung Meloni macht Druck für einen Plan zur Steigerung der Autoproduktion in Italien auf eine Million Einheiten pro Jahr.
Der Autokonzern Stellantis ging im Jänner 2021 aus der Fusion von Fiat Chrysler und der französischen PSA-Gruppe hervor. Zu ihm gehören Marken wie Opel, Peugeot, Fiat oder Alfa Romeo. In Italien beschäftigt der Konzern etwa 43.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – vor der Fusion von 2021 waren es noch mehr als 51.000 gewesen.
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