Nach dem riesigen Quotenerfolg der Tirolkrimi-Premiere ermittelt Patricia Aulitzky als Lisa Kuen von der Kripo Innsbruck heute Abend in „Der Tote in der Schlucht“ (ORF 1, 20.15 Uhr) das zweite Mal im „heiligen Land“. Der „Krone“ verriet sie im Interview, wie sie als gebürtige Salzburgerin mit dem Dialekt hat, was sie von den Dreharbeiten für sich mitnimmt und warum der nächste Tirolkrimi schon fast im Kasten ist.
„Krone“: Frau Aulitzky, „Der Tote in der Schlucht“ ist für Sie gesamt der dritte Landkrimi. Nach dem Auftakt in Salzburg der zweite, der in Tirol stattfindet. Wie unterscheiden sich die beiden Bundesländer im kriminalistischen Sinne voneinander?
Patricia Aulitzky: Im Salzburger Landkrimi spielte ich nur eine Episodenhauptrolle, im Tiroler ermittle ich als Hauptkommissarin – da gibt es schon einmal gravierende Unterschiede. Die Charaktere sind also grundverschieden. Im Endeffekt kommt es immer auf die Geschichte an. Ich weiß nicht, ob es so einen großen Unterschied macht, ob sie in Salzburg oder Tirol spielt. Der Dialekt ist anders und die Art des Erzählens ist durch den jeweiligen Regisseur sicher anders. Die Charaktere, die beim Tiroler Krimi entwickelt werden, haben eine ganz andere Farbe als jene, die in Salzburg stattfinden.
Wer Ihren Weg verfolgt, weiß, dass Sie von Tirol über London und Südamerika bis Kanada schon überall auf der Welt unterwegs waren. Was bedeutet Ihnen somit das Ländliche und Regionale, das der Landkrimi vermittelt?
Ich liebe die Berge und die Natur. Beim Salzburger Landkrimi drehten wir damals bei den Krimmler Wasserfällen, das war unglaublich beeindruckend, weil ich vorher auch noch nie dort war. Ich bin halb in Salzburg in der Stadt und halb in Tirol im Dorf aufgewachsen – das Landleben kenn ich also sehr gut. Ich ziehe sowohl aus der Stadt als auch aus dem Land Energien und Inspirationen. In der Stadt gibt es so viele Angebote, Menschen und Geschichten. In der Natur bin ich gerne draußen und lade mir die Batterien auf.
Geben Ihnen die Landkrimis die Möglichkeit, sich in die Kindheit rückzuverwurzeln?
Sagen wir so: In Salzburg drehten wir damals an Land, aber da kamen trotzdem Kindheitserinnerungen hoch. Bei den Dreharbeiten in Tirol finde ich es sehr toll, dass ich wieder nach Hause komme, und meinen Vater und meine Geschwister besuchen kann. Kindheitserinnerungen kommen in dem Sinn nicht so stark hoch, aber ich finde es sehr schön, Tirol jetzt anders kennenzulernen. Im Ötztal oder jetzt, bei den neuen Dreharbeiten, das Wipptal, sind wunderschöne Plätze, die ich sonst wohl so gar nicht kennenlernen würde.
Gibt die Regionalität eine Möglichkeit, eine Drehbuchgeschichte anders oder besonders zu erzählen?
Auch da glaube ich, dass es eher auf die Geschichte ankommt. Welchen Charakter stellt man dar und welche Möglichkeiten und Visionen hat die Figur. Es ist für mich schon etwas anderes, im breiten Tiroler Dialekt zu spielen als in einer deutschen Serie. Hochdeutsch zu sprechen, macht mit mir etwas anderes als Tirolerisch zu reden.
Was macht denn der Dialekt genau mit Ihnen?
Wenn ich Hochdeutsch spielen muss, muss ich mich am Anfang wieder in die deutsche Sprache eingrooven. Ich merke dann immer, dass ich anfangs sehr an der Sprache hänge und nicht ganz so frei bin. Beim Tirolerischen ist das aber auch so, denn wir haben zu Hause nicht im Dialekt gesprochen, obwohl ich ihn gut kenne. Es braucht immer ein bisschen Zeit, um sich auf die jeweilige Sprache einzustellen und man konzentriert sich anfangs zu sehr, bevor man im Spiel selbst damit sicher ist.
Muss man bei einem Landkrimi auch aufpassen, nicht überauthentisch zu sein und den Dialekt etwa zu stark auszubreiten?
Das liegt vor allem an der Inszenierung. Bei jedem Landkrimi ist es eher schwierig auszuloten, wieviel Dialekt und damit einhergehend Authentizität ist gewünscht. Es sagen alle, sie wollen den Dialekt, aber wenn man zu sehr Dialekt spricht, muss man synchronisieren, weil sonst die deutschen Zuseher nichts mehr davon verstehen. Im Endeffekt ist eher das die schwierige Gratwanderung. Die Menschen in Innsbruck reden natürlich auch anders als jene im Ötztal, im Zillertal oder in Tulfes. Ich glaube eher, dass es um die richtige Nuancierung geht. Wie viel Dialekt ist okay? Was darf man? Das hat sehr viel mit Verständnis zu tun, denn wenn man dem Dialekt jenseits des Drehortes nicht mehr folgen kann, ist auch keinem geholfen. Manchmal muss man auf eine Art Kunstdialekt zurückgreifen.
Hätten Sie auch Lust, einmal so richtig grenzenlos im Dialekt loszugehen?
Das ergibt sich im Tiroler Landkrimi zum Glück. Ich muss das zwar am Ende schmälern, aber es ist schon möglich.
In „Der Tote in der Schlucht“ geht es auch darum, dass der Vorgesetzte von Kommissarin Lisa Kuen in den Mordstrudel hineingezogen wird. Geht es da auch um das Thema Vertrauen?
Das Vertrauen ist eher die Thematik der Kommissarin Lisa Kuen, die ohnehin das Grundproblem hat, irgendwen zu vertrauen. Sie steht auf ihren eigenen Füßen und ist sehr gut in dem, was sie tut, aber sozial eher scheu. Sie muss daran arbeiten, aufzumachen und zuzulassen, ihre Gefühle zu zeigen.
Ihr Tiroler Landkrimi-Debüt „Das Mädchen aus dem Bergsee“ behandelte harte Themengebiete wie #MeToo, Pädophilie und Missbrauch. Ein sehr schwerer Krimi. Die aktuelle Episode ist nicht mehr ganz so schwer ausgefallen. Macht das für Sie im Spiel einen Unterschied?
Ich wachse immer mit der Herausforderung. Wenn ich mir am Anfang unsicher bin, wie ich etwas machen soll oder sogar ein bisschen Angst davor habe, ist das immer ein gutes Indiz dafür, dass es am Ende besser wird als schlechter.
Mit rund 880.000 Zusehern war „Das Mädchen aus dem Bergsee“ auch einer der erfolgreichsten Landkrimis überhaupt. Die Quote so einer Produktion ist für die gesamte Zukunft der Reihe nicht ganz egal. Motiviert so ein Erfolg oder kann er auch hemmend wirken?
Die Quote macht mir überhaupt keinen Druck. Ich versuche mich, auf den Film und die Rolle zu konzentrieren. Natürlich wünscht man sich eine gute Quote, weil sie oft maßgeblich für die Fortsetzung einer Reihe ist. Ich liebe den Charakter der Lisa Kuen und spiele sie gerne – ich fände es schön, wenn es noch lange so weitergeht. Während ich einen Film angehe oder neu in ihn reingehe, denke ich aber über Erfolg gar nicht nach. Ich konzentriere mich darauf, meine Sache zu 110.000 Prozent zu machen und hoffentlich ein gutes Ergebnis zu haben. Es ist dann aber natürlich eine schöne Bestätigung, wenn der Einsatz von vielen gesehen wird und man Feedback bekommt. Das Feedback ist mir sogar wichtiger als die Quote an sich.
Von der Regie über Kamera, die Produktion bis hin zu Ihnen als Hauptdarstellerin ist der Tiroler Landkrimi sehr weiblich besetzt. Ein gutes und positives Zeichen in einer immer noch sehr männlichen Branche.
Es ist eher selten, dass es so geballt viele Frauen sind, aber der Trend festigt sich, dass immer mehr Produzentinnen, Regisseurinnen und Kamerafrauen an einem Set zu finden sind. Das ist sehr positiv. Es gibt schon viele Männer, die stöhnen und Angst haben, dass sie keine Jobs mehr kriegen. Davon sind wir zahlenmäßig aber noch weit entfernt und zum Glück fällt jetzt mal auf, dass diese Veränderungen dringend nötig sind. Im neuen, 2025 kommenden Teil namens „Tod in Tirol“, den wir gerade drehen, bin ich Undercover als Boxerin unterwegs, um ein Drogenkartell auszuheben. Ich liebe an dieser Figur, dass sie sehr sportlich und körperlich ist. Ich darf immer neue Sachen lernen. Das Boxtraining war etwa grandios. Die Lisa ist einfach eine coole Sau. (lacht)
Wie viel von Lisa Kuen hat sich mittlerweile in Patricia Aulitzky geschlichen?
Im Moment bin ich voll drin, weil ich gerade drehe. (lacht) Ansonsten braucht es ein bisschen eine Zeit, bis sie weggeht. Das Boxen werde ich aber wohl behalten, weil das ein wirklich toller Sport ist.
Was steht bei Ihnen in nächster Zeit sonst noch an?
Es gibt so einiges. Jetzt dreht wir gerade den dritten Tiroler Landkrimi. Zudem haben wir gerade den zweiten Teil von „Der Geier“ abgedreht. Da ist es relativ wahrscheinlich, dass wir 2025 noch einen Teil drehen. Dann gibt es noch eine Sache, über die ich noch nicht reden darf.
Wird es von Ihnen in nächster Zeit auch musikalisch etwas Neues zu hören geben?
Es muss so sein. Dieses Projekt dauert schon viel zu lange, aber nicht im negativen Sinne. Ich habe acht oder neun Lieder in einer Rohform in petto, weil ich ein ganzes Programm präsentieren möchte, mit dem ich auch auftreten kann. Das dauert sehr lange, aber es ist nicht unbedingt negativ, sondern eine Lernkurve für mich. Ich bin in der Musik keine Newcomerin mehr. Ob das jetzt ein Jahr länger dauert oder nicht, ist auch schon egal. Ich drehe im Moment sehr viel und habe daheim ein kleines Kind, das mich auch sehr braucht. Es ist ein bisschen eine Zeitfrage. Dafür bin ich aber auch wieder gerne in der Natur, um alleine Zeit zu verbringen und die Gedanken rollen zu lassen, um die Kreativität in diese Richtung anzuwerfen.
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