„Gerechtigkeit“

Experten fordern höheres Pensionsantrittsalter

Innenpolitik
02.12.2024 16:41

Einer der größten Brocken, um die sich auch die künftige Regierung kümmern muss, damit das marode Budget saniert wird, stellen die Pensionen dar. Während Türkis, Rot und Pink über ihre mögliche Zucker-Koalition verhandeln, fordern Wirtschafts- und Sozialexperten im Rahmen einer Initiative der „Aktion Generationengerechtigkeit“ ein höheres Pensionsantrittsalter.

Wifo-Chef Gabriel Felbermayr plädierte am Montag im Rahmen eines Pressegesprächs für eine Anhebung auf 67. Als Privatperson bzw. WU-Professor geht er noch darüber hinaus und wäre dafür, das Pensionsalter an die Lebenserwartung zu koppeln. Auch kurzfristig wären seiner Ansicht nach Maßnahmen möglich, etwa über Pensionsanpassungen unter der Inflation.

1980 kamen auf einen Pensionisten noch 4,5 Werktätige, im Vorjahr waren es drei und 2050 werden es nur noch 1,7 sein. Das derzeitige System kann nicht mehr lange aufrechterhalten werden. Eine von Wifo-Experte Thomas Url erstellte Ländervergleichsstudie untermauert die Forderung, denn bis auf Irland und Spanien, die im Zuge ihrer Reformbestrebungen auf höhere Beiträge gesetzt hätten, drehen die meisten Staaten an der Schraube Antrittsalter.

So dürfte das Antrittsalter in Dänemark bis 2070 auf stolze 74 Jahre steigen. In Griechenland sollen es immer noch 72,5 Jahre sein. Hier warnte Felbermayr. In Griechenland habe es eine Staatspleite gebraucht, um das Pensionssystem zu reformieren, nur habe man dann „sehr dramatische Schritte“ setzen müssen. Schweden wiederum hat auch die Höhe der Pensionsanpassung an die demografische Entwicklung gekoppelt.

Wifo-Chef Gabriel Felbermayr (2. v. re.) diskutierte unter anderem mit Franz Schellhorn von Agenda Austria (Mitte) und Sozialexperte Wolfgang Mazal (li.). (Bild: Aktion Generationengerechtigkeit)
Wifo-Chef Gabriel Felbermayr (2. v. re.) diskutierte unter anderem mit Franz Schellhorn von Agenda Austria (Mitte) und Sozialexperte Wolfgang Mazal (li.).

Mit Automatismus „niedrigere politische Kosten“
Sozialexperte Wolfgang Mazal argumentierte, dass Reformen für künftige Generationen wegen der gestiegenen Zinslast noch schwieriger würden bzw. härter ausfallen würde. Daran könne man kein Interesse haben, weil ja niemand das System an die Wand fahren wolle. Regierungen tendieren ja dazu, das Thema Pensionen nicht anzugreifen, weil man dann bei der nächsten Wahl abgestraft werden könnte. Laut Url gibt es jedoch eine gewisse Evidenz, dass es durch einen Automatismus „niedrigere politische Kosten“ gebe. Denn solche Anpassungen des Antrittsalters wären dann in der Regel kleine Schritte.

Felbermayr wies außerdem darauf hin, dass man in den vergangenen fünf Jahren auch Anpassungen der Bezüge vorgenommen habe, die man sich im budgetären Umfeld eigentlich nicht leisten habe können. So spräche aus Sicht des Wifo-Chefs einiges dafür, nach Jahren einer Erhöhung über der Inflationsrate die nächsten Anpassungen unter der Teuerung vorzunehmen.

Skepsis unter Experten: „Geht an Politik unbeobachtet vorbei“
Auch eine „klügere Mobilisierung“ privater Ersparnisse sollte forciert werden – mit anderen Worten: ein weiterer Ausbau der betrieblichen und der privaten Säule. Einer, der viel Erfahrung mit Pensionsreform hat, ist der ehemalige Sektionschef und frühere Leiter der Alterssicherungskommission, Walter Pöltner: „Every year the same procedure“, meinte er. Es kämen allerlei Berichte mit Datenmaterial und alle zögen an der Politik „unbeobachtet vorbei“.

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