Präsident vor dem Aus?

Kriegsrecht: Wilder Streit und Chaos in Südkorea

Außenpolitik
04.12.2024 07:13

Die Opposition Südkoreas hat beantragt, Präsident Yoon Suk Yeol vom Amt zu entheben. Zuvor teilte die Demokratische Partei (DP) mit, den Politiker wegen Aufruhrs verklagen zu wollen. Die Strafanzeige werde sich auch gegen seine Innen- und Verteidigungsminister sowie die Armee und Polizei richten.

„Selbst wenn das Kriegsrecht aufgehoben wird, kann er einer Anklage wegen Hochverrats nicht entgehen. Es wurde der ganzen Nation deutlich vor Augen geführt, dass Präsident Yoon das Land nicht mehr normal führen kann. Er sollte zurücktreten“, sagte der ranghohe DP-Abgeordnete Park Chan-dae in einer Erklärung. Die Nationalversammlung kann den Präsidenten klagen, wenn sich mehr als zwei Drittel der Abgeordneten dafür aussprechen. Darunter müssten nur wenige Mitglieder von Yoons eigener Partei sein, da diese 108 von 300 Sitzen hat.

Über den Amtsenthebungsantrag, den nun sechs Oppositionsparteien eingereicht haben, könnte bereits am Freitag abgestimmt werden. Hochrangige Mitarbeitende Yoons boten bereits an, geschlossen zurückzutreten.

Südkoreas Präsident Yoon Suk Yeol (Bild: AFP/APA/South Korean Presidential Office/Handout)
Südkoreas Präsident Yoon Suk Yeol
Führende Oppositionspolitiker (Bild: AFP/Jung Yeon-je)
Führende Oppositionspolitiker
Demonstrierende fordern den Rücktritt des Präsidenten. (Bild: AFP/Anthony Wallace)
Demonstrierende fordern den Rücktritt des Präsidenten.
Polizei im Einsatz (Bild: AFP/Anthony Wallace)
Polizei im Einsatz
Nationalversammlung in Seoul (Bild: AFP/APA/Yonhap)
Nationalversammlung in Seoul

Wie berichtet, hat der Staatschef zunächst das Kriegsrecht ausgerufen und wenige Stunden später angekündigt, es wieder zurückzunehmen (siehe Video oben). Zuvor hatte es einen Haushaltsstreit zwischen Yoons Partei PP mit der DP gegeben. Zudem haben sich die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel seit Monaten erhöht. Das Nachbarland Nordkorea baute seine Raketentests deutlich aus und verschärfte seine Rhetorik gegen die USA und Südkorea. Tausende Soldatinnen und Soldaten wurden nach Russland geschickt, um bei der Rückeroberung der Region Kursk zu unterstützen.

Yoon: Opposition sympathisiert mit Nordkorea
Als Begründung für den Ausnahmezustand hatte Yoon die Rolle der Opposition des Landes angeführt. Er beschuldigte sie, mit Nordkoreas Regierung zu sympathisieren. Das Kriegsrecht ziele darauf ab, „pro-nordkoreanische Kräfte auszulöschen und die verfassungsmäßige Ordnung der Freiheit zu schützen“.

Hier sehen Sie Aufnahmen aus Südkorea.

Die Nationalversammlung forderte den Präsidenten wenig später einstimmig auf, den Ausnahmezustand wieder aufzuheben. Hinweise, dass das totalitär regierte Nachbarland verwickelt ist, gab es nicht. Der Präsident steht nun zunehmend unter Druck.

Gewerkschaftsbund ruft zu Streik auf
Am Mittwoch rief der wichtigste Gewerkschaftsverband des Landes zu einem „unbefristeten Generalstreik“ bis zum Rücktritt von Yoon auf. Selbst der Chef seiner Partei, Hang Dong Hoon, sprach von einer „tragischen Situation“ und davon, dass alle Verantwortlichen „streng zur Rechenschaft gezogen werden“ müssten. 

Rund um das Parlamentsgebäude wurde in der Nacht friedlich demonstriert. Für Mittwoch werden weitere Proteste erwartet. International löste das kurzzeitig verhängte Kriegsrecht Besorgnis aus. Politische Differenzen müssten „friedlich und im Einklang mit den Prinzipien des Rechtsstaats“ ausgeräumt werden, sagte US-Außenminister Antony Blinken.

Der Korea-Krieg dauerte von 1950 bis 1953 und endete mit einem Waffenstillstand. In seiner frühen Phase hatte Südkorea zwar eine Reihe autoritärer Regierungen, seit den 1980er-Jahren gilt es jedoch als demokratisch.

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